01.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gericht rüffelt Arbeitgeber

Befristete Verträge eingeschränkt

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Das Arbeitsgericht Paderborn hat die Befristung von Arbeitsverträgen für Arbeitgeber erheblich eingeschränkt. Das Medizinische Zentrum für Gesundheit (MZG) in Bad Lippspringe muss nach dieser Entscheidung eine Krankenhaus-Sekretärin unbefristet weiter beschäftigen.

Seit 2001 arbeitet die heute 44-jährige Frau bei der kommunalen Betriebsgesellschaft des Kurortes. Zunächst wurde sie als Vertretung für eine Kollegin im Erziehungsurlaub eingestellt. 2005 verlängerte man den Vertrag erneut um ein Jahr. Als Befristungsgrund wurde die ebenfalls nur befristete Belegungszusage durch die Rentenversicherungsträger und die damit verbundene wirtschaftliche Unsicherheit angeführt. Als die Sekretärin im Februar dieses Jahres eine erneute Befristung für drei Monate zu deutlich verschlechterten Bezügen unterschreiben sollte und dies ablehnte, erhielt sie die Kündigung zum 28. Februar.
Zu Unrecht, wie das Arbeitsgericht feststellte. Es folgte der Argumentation des Paderborner Arbeitsrechtlers Prof. Dr. Friedrich Meyer, wonach eine etwaige Befristung von Versorgungsverträgen nicht auf die Arbeitsverhältnisse durchschlagen könne.
»Die Ungewissheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs ist nicht geeignet, die Befristung eines Arbeitsvertrages zu rechtfertigen«, sagt Arbeitsgerichtsdirektor Holger Kuhlmey. Die bloße Unsicherheit über den künftigen Personalbedarf »gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht (...) auf seine Arbeitnehmer abwälzen kann«, heißt es in dem Urteil.
Rechtsanwalt Meyer sprach nach dem »Pilotverfahren« von einem »wegweisenden Urteil mit weitreichenden Auswirkungen«. Befristungen könnten in Bad Lippspringe nicht länger mit fehlender Kostendeckung begründet werden. Er rechne mit weiteren Klagen. 200 der insgesamt 750 MZG-Beschäftigten haben nach Aussage des Geschäftsführers Wolfgang Jitschin nur Zeitarbeitsverträge. »Das ist bei uns, wie in anderen Unternehmen auch, seit Jahren gängige Praxis«, erklärte Jitschin.
Viele befristet angestellte Mitarbeiter können, wenn das Urteil rechtskräftig wird, nun auf eine Festanstellung hoffen. Das seit Jahren in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckende MZG wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung aber wahrscheinlich Berufung einlegen. Darüber sei noch nicht endgültig entschieden, sagte der Geschäftsführer.
Die Bad Lippspringer Kureinrichtungen hatten einst mehr als 1000 Mitarbeiter. Az.: 1 Ca 285/06

Artikel vom 01.06.2006