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Studentin und Mutter - das geht!

Von Laura-Lena Förster
Gruppenarbeit vermeiden, den Computer erst abends einschalten. Mit diesen Maßnahmen versucht Celia Haßmann (31) ihr Studium zu bewältigen. Daniela Schweppe (27) hat einen anderen Rhythmus. Einen, der von der Uni-Kita abhängt. Beide sind Studentinnen, beide wollen ihren Abschluss schaffen, beide sind Mütter. Um alles zu vereinbaren, braucht es Geduld, Organisationstalent - und ein hilfsbereiter Partner kann auch nicht schaden.

Celia Haßmann machte zwei Semester in Germanistik und Erziehungswissenschaft. Dann kam am 14. Dezember 2004 Sam Robin, ein Wunschkind. Für das Wintersemester 2004/2005 hatte sie sich schon beurlauben lassen. Sprich: Sie konnte keine Scheine erwerben. Ihr Bachelor-Beauftragter hatte ihr dazu geraten, »weil wir ohnehin nur zwei bis drei Mal im Semester fehlen dürfen«, sagt Celia Haßmann.
Dass sie ihr Studium mindestens ein Jahr aussetzt, stand für sie und Ehemann Andreas (40), der als Zerspannungsmechaniker bei Miele arbeitet, von Anfang an fest. Seit diesem Sommersemester belegt sie wieder Seminare. »Ich versuche, meinen Stundenplan komprimiert zu gestalten.« In der Praxis: an zwei Tagen. Mittwochs ist sie von 8 bis 18 Uhr in der Uni, donnerstags von 14 bis 19 Uhr. Sam Robin bleibt in dieser Zeit bei ihren Eltern, die ein paar Straßen weiter in Marienfeld wohnen.
Über Betreuungsangebote, auch in der Uni-Kita, hat sie sich informiert, sich aber doch dagegen entschieden. Aus Kostengründen. »Denn wir fangen gerade an zu bauen.«
Daniela Schweppe und ihr Mann Sven haben Noemi (2) in der Uni-Kita untergebracht. Seit August vergangenen Jahres ist das Mädchen dort, immer montags bis freitags, immer auch in den Semesterferien. Was bedeutet: Ob sie nun eine Veranstaltung hat oder nicht, Daniela Schweppe fährt morgens von Enger nach Bielefeld, gibt Noemi in der Kindertagesstätte ab und fährt mittags oder nachmittags wieder mit ihr nach Hause. »Die Fahrerei nervt manchmal schon.«
Während Noemi spielt oder schläft, arbeitet ihre Mutter: acht Stunden pro Woche im Einzelhandel und selbstständig im Empfehlungsmarketing. Und dann sind da ja noch die drei Philosophie- und Geschichtsseminare an der Uni.
Ein Urlaubssemester hat Daniela Schweppe nicht genommen. Im Semester nach der Geburt belegte sie ein Blockseminar, im darauf folgenden Wintersemester 2004/2005 waren es bereits zwei. »Die Geburt meiner Tochter hat mich nicht wirklich aus der Bahn geworfen«, sagt sie. »Ich habe auch schon vorher etwas schluderig studiert.« Im elften Semester ist sie jetzt. Noch drei weitere, dann ist das Ziel, der Magister, vermutlich erreicht.
»Da ich keine akademische Laufbahn anstrebe, kommt es auf ein Semester mehr oder weniger auch nicht an«, sagt sie. »Die einzigen Menschen, die sich daran stören, sind meine Eltern.« Ehemann Sven unterstützt sie voll und ganz - nicht zum ersten Mal. Als sie mit 24 schwanger wurde, kannten die Beiden sich noch nicht lange. Es passierte einfach. Ihre Freundin wäre fast vom Stuhl gefallen, hätte er keine Lehne gehabt. Ihre Mutter fand das Alter in Ordnung, den Zeitpunkt aber nicht ideal. Und ihr Vater sagte gar nichts. Daniela Schweppe wusste, was sie wollte: das Kind auf jeden Fall bekommen. Freund Sven sah es schließlich ähnlich.
Gut aufeinander eingespielt haben sich die Drei in den zwei Jahren. So sehr, dass die Schweppes, die mittlerweile verheiratet sind, über ein zweites Kind nachdenken. »Ein Leben mit Kind bedeutet Verantwortung und nicht Verzicht. Ich habe kein Problem damit, nicht jedes Wochenende ausgehen zu können«, sagt sie.
Einzelkind soll auch Sam Robin nicht bleiben, er wird es aber erst einmal müssen. Den Bachelor will Celia Haßmann schon noch erlangen, am liebsten auch den Master. »Seit meiner Schulzeit möchte ich bereits Grundschullehrerin werden.« Sie wurde Industriekauffrau, arbeitete einige Jahre in ihrem Beruf und dachte sich dann: »Jetzt oder nie.« Arbeitsplatz auf-, Studienplatz angenommen, Kind bekommen - manchmal ist die Reihenfolge unüblich, aber deshalb noch lange nicht schlecht.

Artikel vom 13.06.2006