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Der Streit um Handke
weitet sich noch aus

Jürgen Rüttgers stellt sich hinter den Stadtrat

Düsseldorf (dpa). Das geplante Veto des Stadtrats gegen die Vergabe des Heinrich-Heine-Preises an den Schriftsteller Peter Handke hat eine neue Kontroverse ausgelöst.
Steht hinter dem Stadtrat: Ralph Giordano.Foto: dpa

Als einen »beispiellosen Akt« kritisierte die Chefin des Suhrkamp-Verlags, Ulla Unseld-Berkéwicz, gestern das Vorgehen gegen den Autor ihres Verlages. Auch der deutsche PEN-Präsident Johano Strasser, obwohl gegen eine Vergabe des Preises an Handke, lehnte das Vorhaben des Stadtrats als politische Einmischung ab.
Dagegen stellte sich nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) auf die Seite der Stadt. »Die Landesregierung ist der Meinung, dass für den Heine-Preis nicht preiswürdig ist, wer den Holocaust relativiert«, sagte Rüttgers im Landtag. Auch Publizisten wie Ralph Giordano begrüßten das Ziel, die Vergabe des Preisgelds in Höhe von 50000 Euro an Handke wegen dessen pro-serbischer Haltung zu verhindern.
Die Schriftstellerkollegen und Landsleute des österreichischen Autors, Robert Menasse und Marlene Streeruwitz, griffen den Stadtrat scharf an. Menasse sagte, der Streit sei ein »unglaublicher Skandal«. Nach Meinung von Streeruwitz wäre eine Aberkennung der Auszeichnung »das Ende der Aufklärung« und »das Ende der Kunst, wie wir sie kennen«.
Dagegen erklärte Giordano, Handke habe zu viel gesagt, was ihn eindeutig auf die serbische Seite stelle, und das in einem Konflikt, in dem die Serben furchtbare Verbrechen begangen hätten. Der Autor Tilman Spengler meinte, mit einer Preisvergabe an Handke täte man dem Namen Heines großen Schaden an. Der Literaturkritiker Hellmuth Karasek sagte: »Ich denke, das darf man nicht machen.« Der Heine-Preis sei eine politisch-publizistische Auszeichnung und habe bei Handke nichts zu suchen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen nahm die Stadtrat-Erklärung mit Erleichterung auf.

Artikel vom 01.06.2006