31.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Finanzbeamter
unter Verdacht

Musik-Raubkopien angeboten?

Von Christian Althoff
Löhne (WB). Ein Finanzbeamter aus Löhne (Kreis Herford) steht im Verdacht, im großen Stil Musik-Raubkopien über das Internet angeboten zu haben. Der Mann zählt zu den Hauptbeschuldigten eines Verfahrens, in dem gegen 3500 Internetnutzer ermittelt wird.
Das Speichern von Musik und Filmen, wie auf so einem »IPod«, ist nicht immer legal. Foto: Apple

Wie berichtet, hatte der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft Anzeige erstattet, weil Internetnutzer über die Tauschbörse »eDonkey« tausende urheberrechtlich geschützter Musikstücke illegal angeboten hatten. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelte daraufhin 3500 Tatverdächtige, gegen die Verfahren eingeleitet wurden.
»Bei den 130 Hauptbeschuldigten, die zwischen 500 und 8000 Musikstücke ins Internet gestellt hatten, haben wir durchsuchen lassen«, sagte Ulrich Boden, Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln. So stellten Beamte der Kripo Herford am Dienstag vergangener Woche auch im Haus des Löhner Finanzbeamten Datenträger sicher, die in den kommenden Wochen ausgewertet werden sollen.
»Der Fall dieses Beamten zeigt, dass das illegale Tauschen von Musikstücken oder Filmen keine Straftat ist, die nur von Jugendlichen begangen wird«, sagte Dr. Florian Drücke, Justitiar des Phonographie-Verbandes. Urheberrechtsverstöße seien in allen Gesellschafts- und Altersschichten zu finden. »Den Tätern drohen bis zu drei Jahren, beim gewerbsmäßigen Anbieten sogar bis zu fünf Jahren Haft«, sagte der Rechtsanwalt.
Nach Auswertung des in Löhne sichergestellten Materials will die Staatsanwaltschaft Köln das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Bielefeld abgeben, die dann über das weitere Vorgehen gegen den Beschuldigten zu entscheiden hat. Möglicherweise drohten ihm auch dienstrechtliche Konsequenzen, hieß es gestern aus Kreisen der Finanzverwaltung.
Die deutsche Plattenindustrie (Jahresumsatz 1,8 Milliarden Euro) geht davon aus, dass ihr jedes Jahr durch Urheberrechtsverstöße Milliardenverluste entstehen. »Wäre die Musik gekauft worden, die 2005 in Deutschland kopiert worden ist, hätte das 6,3 Milliarden Euro Umsatz mehr bedeutet«, sagte Florian Drüke. Zwar stehe nicht jede Kopie für einen entgangenen Verkauf, doch lasse die Summe die Dimension des Problems erkennen.
Der Phonoverband beruft sich auf Zahlen aus der »Brenner-Studie«, mit der gerade zum siebten Mal das Brenn- und Downloadverhalten der Deutschen untersucht worden ist. Danach sind im vergangenen Jahr 124 Millionen Musik-CDs verkauft, aber 439 Millionen CDs von Verbrauchern mit Musik bespielt worden.

Artikel vom 31.05.2006