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Mitbegründer der
Bundeswehr tot

Graf von Kielmansegg wurde fast 100

Von Reinhard Brockmann
Bonn (WB). Im Alter von fast 100 Jahren ist am Freitag in Bonn Johann Adolf Graf von Kielmansegg verstorben.
Gestorben: Johann Adolf Graf von Kielmansegg.

Der von Bundespräsident Horst Köhler gestern als vorbildlicher Ofizier gewürdigte Mitbegründer der Bundeswehr wurde am 30. Dezember 1906 in Hofgeismar geboren. Er folgte seinerzeit der Tradition der Familie und wurde Soldat. Im Zweiten Weltkrieg war er Generalstäben des Oberkommandos des Heeres zugeteilt. Nach dem Attentat des 20. Juli 1944 wurde er verhaftet. Obwohl ihm nichts nachgewiesen werden konnte. folgte die Versetzung an die Front.
Als Mitautor der »Himmeroder Denkschrift« formulierte er 1950 Grundlagen für die innere Struktur künftiger Streitkräfte und damit für die umstrittene Wiederbewaffnung West-Deutschlands. Im Auftrag von Bundeskanzler Konrad Adenauer waren 15 hohe ehemalige Wehrmachtsoffiziere dazu streng abgeschirmt in Klausur gegangen.
Zeitgleich begann der Offizier ohne Uniform in der Bonner Dienststelle Blank, dem späteren Bundesverteidigungsministerium als Leiter der Militärpolitischen Abteilung. Kielmansegg galt als einer der führenden Köpfe unter den »demokratischen Reformern«. Es folgte die Berufung zum militärischen Vertreter Deutschlands im NATO-Hauptquartier SHAPE bei Paris.
1959 startete das DDR-Fernsehen mit der Sendereihe »Telestudio West« Angriffe auf ehemalige Wehrmachtsoffiziere, so auch gegen Kielmansegg. In der Folge musste das niederländische Parlament 1967 den Vorwurf zurückweisen, der Deutsche habe Kriegsverbrechen begangen. Eine weitere Attacke ritt später die sowjetische Nachrichtenagentur TASS, die behauptete, er habe während des Zweiten Weltkrieges die Erschießung französischer Widerstandskämpfer angeordnet. Alle Vorwürfe erwiesen sich als haltlos.
1963 löste Kielmansegg den Oberkommandierenden der NATO-Landstreitkräfte Europa-Mitte ab. Gleichzeitig wurde er zum General befördert. Sein Auftrag: die Integration der NATO-Stäbe. Als General de Gaulle den Auszug der französischen Offiziere aus den NATO-Stäben zum 1. Juli 1966 verfügte, wurde Kielmansegg Oberbefehlshaber Europa-Mitte. Er übte dieses Kommando bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahre 1968 aus.

Artikel vom 31.05.2006