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Playa del Carmen macht
Cancún jetzt Konkurrenz
Ruinen von Tulúm und Tauchtourismus setzen Akzente in Mexiko
Die mexikanische Halbinsel Yucatán und das vorgelagerte Eiland Cozumel leiden noch immer stark unter den Nachwirkungen von Hurrikan »Wilma«, der Ende 2005 die Region heimsuchte.
Insbesondere die massiven Zerstörungen der Hafenanlagen behindern den wichtigen Kreuzfahrt-Tourismus. Die Schiffe müssen auf Reede liegen, das Hafenpersonal sowie die Angestellten der Schnellfähre sind überfordert, wenn es ums sichere Tendern der Passagiere geht.
Im Urwald, der Yucatán bedeckt, sind rund um die Playa del Carmen, mehr aber noch im Raum Cancún, die fürchterlichen Auswirkungen zu sehen. Wie Streichhölzer wurden die Bäume umgeknickt, aber auch die Dächer zahlreicher Häuser beschädigt.
Dabei ist gerade die Playa del Carmen an der Maya-Riviera dabei, ehrgeizige Pläne für die Zukunft umzusetzen. 16 000 Hotelzimmer gibt es schon, in den kommenden Jahren möchte man zu Cancún mit seinen derzeit 27 000 Zimmern aufschließen. Ein eigener Flughafen mit internationalen Verbindungen wird gerade gebaut.
Die Maya-Riviera bietet interessante Sehenswürdigkeiten. Da gibt es zum einen das Aquarium von Xel-Ha, der Küste vorgelagert ist ein Teil des zweitgrößten Korallenriffs der Welt, im Nationalpark lassen sich Taranteln, Giftschlangen, Papageien und Iguanas bewundern.
Die eigentliche Attraktion aber sind zwei Ausgrabungsstätten. In Coba steht die mit 42 Metern höchste Maya-Pyramide. Direkt am Meer liegt Tulúm, ein ehemaliges Wirtschaftszentrum der Mayas, das seine Blütezeit vor der Ankunft der Spanier auf Yucatán zwischen 1200 und 1400 n. Chr. hatte. Obwohl sie erst nach dem Einfall der Tolteken in Chichén Itzá zu mehr Einfluss und Bedeutung kam, gibt ein Stein mit der Jahreszahl 564 n. Chr. darüber Aufschluss, dass es die Maya-Stätte an sich bereits lange zuvor gegeben haben muss.
Heute ist Tulúm die einzige archäologische Sehenswürdigkeit, die direkt am Meer gelegen ist. Obwohl sie für die Forscher eher eine untergeordnete Bedeutung hat, ist sie für den Besucher doch besonders malerisch. Es empfiehlt sich, früh morgens oder am späten Nachmittag hier zu sein, da es bis etwa 16 Uhr recht voll auf dem vergleichsweise kleinen Gelände ist. Zudem sind wegen der schrägen Sonnenstrahlen die schönsten Aufnahmen früh am Morgen oder am späten Nachmittag zu machen.
Tulúm - in Maya bedeutet es soviel wie Festung - war Anlaufpunkt für Händler aus den unterschiedlichsten Regionen, und so entwickelte sich hier eine eigenartige Mischung architektonischer Maya-Stile. Der augenscheinlichste Bau - er steht hoch erhoben über dem Wasser - ist das dem Gott Kukulkán gewidmete Castillo, dessen Stuckfiguren noch heute zu sehen sind. Das nahegelegene Observatorium, der Templo de los Frescos, zeigt einige noch recht gut erhaltene Malereien von Maya-Göttinnen. Der Tempel der Gemälde steht vom Ausgang in gerader Linie zum Castillo. Er wurde in unterschiedlichen Epochen zwischen 1400 und 1450 erbaut, und zeigt bis heute seine dekorativen Masken und Wandgemälde.
Das Castillo, der Tempel des herabsteigenden Gottes, ist nach einer Figur benannt, die das Symbol einer herabstürzenden Sonne darstellt. Leider ist inzwischen der Zugang versperrt, da zu viele Besucher Beschädigungen verursacht haben. Der herabstürzende Gott ist nur eine von ursprünglich drei Stuckfiguren, die über dem Eingang der Säulenhalle zu finden sind.
Die gesamte Ostküste Yucatáns war in der späten Postklassik dicht besiedelt. Zu den wichtigsten Fundstätten an der Küste gehören neben Tulúm El Meco, Ichpaatun, Santa Rita, San Gervasio und Buenavista; die beiden letztgenannten befinden sich auf Cozumel. Die flache und eine dichte Vegetation aufweisende Insel hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 48 Kilometern und eine Ost-West-Ausdehnung von etwa 16 Kilometern und ist damit die größte Insel Mexikos. Sie liegt etwa 20 Kilometer vom Festland entfernt und befindet sich etwa 60 Kilometer südlich von Cancún. Inselhauptstadt ist San Miguel mit 90 000 Einwohnern, wo nahezu die ganze Bevölkerung von Cozumel lebt.
1977 wurden die Riffe um die Insel zum Unterwassernationalpark ernannt. Es wurden verschiedene Programme eingeführt, mit dem Ziel, die Riffe besser zu schützen und eine nicht überbelastende Nutzung zu gewährleisten. Auch wurde der Zugang für Taucher durch die Herausgabe spezieller Bewilligungen für Tauchzentren reguliert. Jedes konzessionierte Unternehmen darf nur mit einer beschränkten Anzahl von Tauchern pro Tag den Unterwassernationalpark besuchen. Also bleibt auch genügend Zeit, um auf dem Festland mal in ein Maya-Dorf zu fahren.
Deutlich ist dort der Strukturwandel durch den Tourismus zu erleben. Verkauften die Bauern früher Honig und lieferten ihre Feldfrüchte und das Obst nach Cancún und Merida, so ist heute die Playa del Carmen ihr Hauptabsatzgebiet. Viele sind auf den Souvenirhandel umgestiegen, das bringt mehr als der Anbau von Chili, Mais, Kürbissen und Erdnüssen. Tief im Wald gibt es aber noch Dörfer, die wie vor zig Jahren ohne Strom und Wasser auskommen müssen. Dort leben die Bewohner noch immer im Rhythmus und Einklang mit der Natur - und von ihr. Auch wenn der »billige Jakob«, der allle paar Wochen mit dem Geländewagen kommt, das Markttreiben empfindlich störtÉ Thomas Albertsen

Artikel vom 03.06.2006