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Einbruch in Apotheke
am hellichten Tag

Junkie zu Bewährungsstrafe verurteilt

Bielefeld (uko). Völlig umnachtet, hat ein Drogenabhängiger am hellichten Tag versucht, in die Löwen-Apotheke am Jahnplatz einzubrechen. Passanten alarmierten die Polizei. Am Montag verurteilte das Amtsgericht Bielefeld den vielfach vorbestraften Mann zu 15 Monaten Bewährungsstrafe.

Der gebürtige Pole Norbert L. legte seit seiner Einreise und der späteren Einbürgerung in Deutschland eine erstaunliche Karriere im Drogenmilieu und als Beschaffungskrimineller hin. Seit 1990 kassierte der 32-jährige 14 Vorstrafen, vornehmlich wegen Diebstahls. Im Alter von 17 Jahren habe er erstmals weiche Drogen konsumiert, in der Haftanstalt sei er mit Heroin in Kontakt gekommen. »Ja, ja, die heilsame Wirkung des Strafvollzugs«, kommentierte Amtsrichter Joachim Grunsky bitter.
Insgesamt hat L. seit jener Zeit mehr als acht Jahre in Haftanstalten verbracht. Geläutert haben ihn die Strafen nicht, ebenso blieben vier Therapieversuche ohne Wirkung.
In diesem Zusammenhang müssen auch die drei Straftaten gesehen werden, die der Junkie Mitte des vergangenen Jahres beging. Am 3. Mai 2005 stahl er (mit einem Taschenmesser bewaffnet) im Karstadt-Warenhaus eine Dose Capuccino zum Preis von 3,99 Euro. Am 28. Mai ging er - erneut mit einem Taschenmesser bewaffnet - auf einen Passanten in Höhe der Buchhandlung »Boulevard« los. Der Mann mußte ihm einen Lottoschein und 20 Euro Bargeld aushändigen.
Schließlich kam es am 3. Juli, ein Sonntagabend, zum Vorfall an der Löwen-Apotheke. Gegen 18.25 Uhr bearbeitete Norbert L. mit einem messerähnlichen Werkzeug die Eingangstür der Apotheke am Jahnplatz. Von Passanten ließ er sich überhaupöt nicht irritieren. Auf den Knien bastelte er munter an der Verkleidung herum. Schließlich alarmierte ein Fußgänger die Polizei, die den mutmaßlichen Einbrecher festnahm.
Er habe überhaupt keine Erinnerung an den Vorfall, gestand L. gestern ohne Umschweife diese und die beiden anderen Taten. Nicht auszuschließen war vorheriger Drogenkonsum, außerdem hatte er an jenem 3. Juli 2005 einen Alkoholpegel von 1,67 Promille.
Offensichtlich ist der Drogenabhängige nun doch auf einem guten Weg in ein normales Leben: Seit November 2005 absolviert er in Hamm eine Therapie. Seine Betreuer bescheinigen ihm »ausreichende Motivation«, L. sei »kooperativ und verantwortungsbewußt«, also gaben die Therapeuten auch eine »positive Prognose« ab. Zudem absolviert der Drogenabhängige ab Juni ein Praktikum als Einzelhandelskaufmann in einer Zoohandlung.
Angesichts dieser guten Ansätze beließ es Amtsrichter Joachim Grunsky mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft noch einmal bei einer Gesamtstrafe, in die eine Vorverurteilung mit einbezogen wurde. »Vielleicht haben Sie jetzt die Kurve gekriegt«, hoffte Grunsky. Ansonsten sehe man sich »jedes Jahr einmal hier wieder«.

Artikel vom 30.05.2006