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Schaumproduzenten und Mini-Raketen

Lebendige Naturwissenschaften: Ev. Stiftung stellt Kitas drei »Aktivkisten« zur Verfügung

Von Elke Wemhöner
und Carsten Borgmeier (Foto)
Schildesche (WB). Nebel wabert über den Tisch, Simon gibt ein paar Tropfen Spülmittel ins Reagenzglas, aus dem explosionsartig Schaum quillt. Nebendran machen Pia, Eduard und Nina - ausgestattet mit flotten Schutzbrillen - das gleiche Experiment. Möglich wird es mit den Materialien aus der Aktivkiste »Wasser«, die die Ev. Stiftung Kirche für Bielefeld seit neuestem allen Kindertagesstätten in Kirchenträgerschaft zur Verfügung stellt.

Für Dr. Hans-Georg Stammler von der Chemiefakultät der Uni Bielefeld ist das ein alter Hut: »Kinder sind so begeisterungsfähig für die Naturwissenschaften.« Das erlebt er stets bei seinen Vorführungen, bei denen er unter dem Künstlernamen »Luftikus« auftritt, und deshalb geht er als Dozent gern zu Fortbildungsveranstaltungen für Erzieherinnen und Erzieher. »Vieles wird schon im Kindergarten geweckt. Wir müssen nur die Berührungsängste der Erzieher abbauen.«
Elisabeth Strakeljahn und ihre Kollegin Antje Möller vom Karl-Siebold-Kindergarten in Schildesche sind Feuer und Flamme für das Feld, das sich für sie auftut. »Kinder zum Staunen zu bringen, ist schon gut. Wenn sie selbst ausprobieren können, ist es noch besser. Und wir erleben auch, dass sie nachfragen, mehr wissen wollen und sich damit weiteres Wissen erschließen«, erklärt Leiterin Strakeljahn. Den Eindruck von Dr. Stammler, dass viele Erzieher nur etwas Anleitung für Experimente brauchen und damit die eigene Skepsis schnell abbauen, kann sie bestätigen.
Aus der Zusammenarbeit zwischen dem Naturwissenschaftler Stammler und den Ev. Kita-Mitarbeitern ist nun das neue Projekt »Aktivkisten« gewachsen. Die Anregung von Stammler, dass die Pädagogen Materialien an die Hand bekommen müssen, hat die Ev. Stiftung Kirche für Bielefeld aufgegriffen. Der Erlös aus einem Benefizkonzert sowie Spenden aus der Wirtschaft füllten einen eigens eingerichteten Finanztopf mit 5000 Euro - und drei große Rollkisten mit vielen nur scheinbar geheimnisvollen Utensilien. Ein Paket Teelichter ist in der »Feuerkiste« zu sehen, ein meterlanger durchsichtiger Kunststoffschlauch in der Kiste »Luft« und einfache Sprühflaschen aus der Haushaltsabteilung in der »Wasser-Kiste«.
Und wohin gehören die Teefilter? Dr. Stammler antwortet nicht, schneidet dafür das verschlossene Ende ab, hält ein brennendes Streichholz an die auf einer Untertasse stehende Papierröhre und lehnt sich zurück. Als das Papier fasst bis auf die Untertasse abgebrannt ist, steigt der brennende Rest rund einen Meter in die Höhe - bevor er verglimmt und als Rußflöckchen zu Boden sinkt. Eine Mini-Rakete im Kindergarten. »Und die Mädchen und Jungen lernen dabei viel im Umgang mit dem Feuer«, ergänzt Elisabeth Strakeljahn.
Die drei Aktivkisten sind, so Friedhelm Faust (Ev. Stiftung), in der Mediothek im »Haus der Kirche« stationiert und können dort von den 34 Ev. Kitas angefordert werden. Eine Bezugsquelle für das Trockeneis nennt gern die Chemie-Fakultät der Uni.

Artikel vom 30.05.2006