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 n Der Mitbewohner...


...fegt

Britta will schlafen. Auch um zwölf Uhr noch, obwohl es mitten in der Woche ist. Das steht ihr als Studentin zu. Wann, wenn nicht jetzt, gehen im Leben Ruhephasen so fließend ineinander über?
Willi, ihr Mitbewohner, will nicht schlafen. Er hat ein Ziel. Ein großes Ziel. Die Blätter auf dem Weg, der von der Haustür zum Fahrradständer führt, stören ihn schon lange. Einen gebrochenen Fuß haben sie ihm im Winter gar beschert. Nass waren die Blätter, eilig hatte es der Willi zur Uni. Laufen kann er seit jenem Tag nicht mehr so schnell. Gehen können will er aber schon noch ein Weilchen. Deshalb muss das Zeug weg, mit dem Laubwegfeger, dem Kräfteschoner schlechthin. Harken sind 80er, weiß Willi.
Die Moderne hat dem Menschen schon so viele nette Erleichterungen geschenkt - zumindest technische. Der Laubwegfeger - manche nennen ihn auch Puster, Sauger oder sonstwas - ist so eine. Brittas Meinung über die Moderne im Allgemeinen und ihre Erfindungen im Besonderen ist grundsätzlich, prinzipiell und überhaupt anders. Vor allem, wenn sie sich gerade von ihrer Soziologie-Vorlesung erholen muss. Dann braucht sie Ruhe, Frieden. Willi aber führt seinen Laubwegfeger geradewegs vor ihrem Fenster aus. Das stört Britta. Sehr sogar. Zwei Minuten hält sie den Lärm aus, drei, vier, dann reißt sie das Fenster auf: »Willst du wohl die Harke nehmen? Wie kann man nur so faul sein?!«
Laura-Lena Förster

Artikel vom 13.06.2006