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Polizei überwacht Prediger

Zur WM mutmaßliche Islamisten aus Ostwestfalen unter Kontrolle

Von Christian Althoff
Minden (WB). Das Innenministerium NRW hat die Polizeibehörden in Ostwestfalen-Lippe angewiesen, anlässlich der Fußballweltmeisterschaft zwei mutmaßliche Islamisten im Kreis Minden-Lübbecke rund um die Uhr zu observieren. Der Einsatz soll Montag beginnen und bis zum Endspiel dauern.

Die Überwachungen sollen offen erfolgen, also mit Wissen der beiden Männer, um diese von möglichen Gewalttaten abzuhalten. Die Einsatzleitung liegt beim Staatsschutz des Polizeipräsidiums Bielefeld. Die sechs Kreispolizeibehörden Ostwestfalen-Lippes müssen aber ebenfalls Beamte zur Verfügung stellen, da die Observation zweier Personen über fünf Wochen sehr viel Personal erfordert, nach unbestätigten Informationen etwa 50 Beamte.
Bei den Zielpersonen soll es sich zum einen um den als Asylbewerber anerkannten Ägypter Usama A. (38) aus Porta Westfalica handeln, den die Staatsanwaltschaft Bielefeld im März wegen Volksverhetzung angeklagt hat (der Prozesstermin steht noch nicht fest). Der Generalbundesanwalt hatte 2003 bei einer Durchsuchung Tonbänder mit zwei Predigten entdeckt, die Usama A. 2001 in der Mindener Al-Rahman-Moschee und im Islamischen Zentrum Münster gehalten hatte. Usama A. soll zu der Gemeinde gesagt haben, jedem, der nicht Allah anbete, sei der Krieg zu erklären. »Es reicht nicht aus, sich von den Götzendienern des Christentums und des Judentums und von der Demokratie zu distanzieren«, heißt es in der Tonbandabschrift. Es müsse gekämpft werden, bis nur noch an Allah geglaubt werde. Und weiter: Ungläubige müssten angefeindet und gehasst werden und »dürfen getötet« werden.
Die zweite Zielperson soll Ahmand C. (46) aus Minden sein, gegen den die Staatsanwaltschaft Bielefeld ihre Ermittlungen wegen Volksverhetzung eingestellt hat. Er hatte damals die Predigten auf Tonband aufgezeichnet und wollte sie weiterveröffentlichen - angeblich aber zuvor die Gewaltaufrufe herausschneiden. Diese vorgebliche Absicht konnten die Ermittler nicht widerlegen.
Aus Sicherheitskreisen verlautete, die Observationsmaßnahmen seien kein Einzelfall. Bundesweit würden etliche von der Polizei als »Gefährder« eingestufte Personen während der WM überwacht. Das nordrhein-westfälische Innenministerium wollte sich gestern zu dem Einsatz nicht äußern. Eine ähnlich personalintensive, aber deutlich länger dauernde offene Observation hatte es 2004 in Ostwestfalen-Lippe gegeben. Damals hatte die Polizei über Monate das Hisbollah-Mitglied Steven S. (32) überwacht, um zu verhindern, dass der Detmolder ausreist und im Ausland Terroranschläge begeht. Der Einsatz soll weit mehr als eine Million Euro gekostet haben.
Unterdessen hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestern erneut bekräftigt, Ausländer und deutsche Fans könnten sich während der Weltmeisterschaft sicher fühlen. »Nach menschlichem Ermessen ist getan, was getan werden konnte«, betonte er mit Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen. »Einen hundertprozentigen Schutz wird es aber nie geben können«, erklärte der Minister.

Artikel vom 01.06.2006