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WM-Budget? Bielefeld
schweigt! Skandal!

Aufgeregte Studie der Uni Hohenheim


Bielefeld (WB/mzh). Wissenschaftler sind auch nur Menschen, und weil die Öffentlichkeit ihre Forschungen oft kaum zur Kenntnis nimmt, hauen sie gelegentlich auf die Skandalpauke. So wie jetzt der Marketing-Experte Prof. Markus Voeth von der Uni (Stuttgart-) Hohenheim, der untersucht hat, mit welchen Aktionen deutsche Großstädte auf die Fußball-WM reagieren. Schlagzeile: »Bielefeld schweigt über Finanzen«.
»Wir schweigen nicht - wir haben schlicht kein Budget«, sagt amüsiert Hans-Rudolf Holtkamp, Chef der »Bielefeld Marketing«. »Wir hatten, gemeinsam mit der Lokalpolitik, sehr früh über ein WM-Begleitprogramm nachgedacht, aber es gab gute Gründe, dieses Thema nicht weiter zu verfolgen.« Als da wären:
- der Nothaushalt. Die Stadt kann sich Ausgaben, deren Refinanzierung mehr als ungewiss ist, angesichts der leeren Kassen schlicht nicht leisten.
- die Sicherheit. Der Staat legt die Latte, was den Schutz vor Gewalttätern und Unglücksfällen angeht, immer höher. Wer hoch zu springen versucht, müsste unkalkulierbar hohe Beträge investieren.
- die Sponsorenpolitik der WM-Verantwortlichen. Die »FIFA-Sponsoren« und »nationalen Förderer« dulden keine Rivalen auf lokaler Ebene. Dieser sogenannte Konkurrenzausschluss machte es Bielefeld unmöglich, vor Ort Geldgeber zu gewinnen.
- lokale Proteste. Die örtliche Gastronomie gab zu bedenken, dass Großleinwände (»Public Viewing«) Besucher aus den Gaststätten abziehen würden.
Holtkamps Fazit: »Wir konnten das nicht riskieren. Die Stadt ist weder eine Nachschussverpflichtung eingegangen, noch hat sie eine Ausfallbürgschaft übernommen.« Will heißen: Hätte die »Bielefeld Marketing« mit WM-Aktionen ein Minus erwirtschaftet, müsste sie die Folgen allein tragen.
Die Studie unterscheidet zwischen den zwölf »WM-Städten« (in denen Spiele stattfinden) und »Großstädten« mit mindestens 100 000 Einwohnern, darunter Bielefeld. Von 71 kontaktierten Großstädten antworteten 58.
Ob die am Ende wirklich schlau gehandelt haben, muss sich noch erweisen . . .

Artikel vom 01.06.2006