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Gruppe G: Frankreich

Abschied in Berlin?

Die Welt- und Europameister Zinedine Zidane (33) soll seine Elf noch einmal zum Triumph führen. Nach der Endrunde in Deutschland räumt er den Rasen.


Ein Star auf Abschieds-Tournee. In Madrid, wo er fünf Jahre lang das Trikot der Königlichen trug, hat Zidane seine letzte Partie schon gespielt. Beifallumrauscht. Anschließend hatte er Tränen in den Augen.
In Paris, wo er 1998 mit der französischen Nationalmannschaft den größten Erfolg seiner Karriere feierte, musste Zidane Pfiffe hören. Nein, sie meinten nicht ihn, aber er fühlte sich beim 1:0 gegen Mexiko ebenso ausgebuht wie seine Kollegen. Kein schöner Tag im Stade de France. Wütend räumte er anschließend den Rasen.
Wo wird Zidane zum letzten Mal auflaufen? Fest steht: Es wird ein deutsches Stadion sein. Denn die WM soll der Schluss- und noch einmal ein Höhepunkt seiner großartigen Karriere werden. Wenn es sich der Franzose aussuchen könnte, er würde sofort Berlin nehmen. Da findet am 9. Juli das Finale statt. Mit Frankreich?
»Wir gehören zum erweiterten Favoritenkreis, wir haben noch etwas gut zu machen«, sagt Zidane. Denn zuletzt bei der EM 2004 und vor allem bei der WM 2002, da war für »Les Bleus« ziemlich schnell alles vorbei.
Es läuft nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Deshalb wurde Zidane im Herbst 2005 aus dem nationalen Ruhestand wieder auf den Rasen geholt. Ein Rücktritt vom Rücktritt, der Trainer Raymond Domenech allerdings nicht so besonders gut gefiel. Er hätte am liebsten ohne Zidane seine neue Mannschaft gebaut. Aber der Druck des Verbandes und der Öffentlichkeit waren zu groß. Und als Zidane zusagte, konnte der Coach gar nicht mehr anders: Er musste ihn aufstellen.
Mit dem Star-Regisseur quälte sich Frankreich dann doch noch erfolgreich durch die Qualifikation. Großer Fußball war das nicht, aber hier hat die »Equipe Tricolore« die Fans ja schon seit Jahren nicht mehr verwöhnt.
Auch Zidane setzt immer seltener Glanzlichter. Er ist eben auch älter, langsamer und verletzungsanfälliger geworden. Aber er kann immer noch der Mann für die magischen Momente sein, die ein Spiel entscheiden.
Auf seinen Vereins-Stationen in Cannes, Bordeaux, Turin und zuletzt bei Real Madrid hat er das oft genug bewiesen. Und im Trikot der Nationalauswahl sowieso. Gegen Mexiko absolvierte Zidane Länderspiel Nummer 100. Ein paar Partien dürfen ruhig noch dazu kommen. Am besten wären gleich sieben WM-Auftritte, denn dann könnte ein Traum Wirklichkeit werden. Seine finale Partie im Olympia-Stadion von Berlin: Einer wie er, der dem Fußball so viel gegeben hat, der hätte diesen Auftritt verdient.

Ein Beitrag von
Klaus Lükewille

Artikel vom 02.06.2006