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Börsengang ist vom Tisch

Bertelsmann kauft für 4,5 Milliarden Euro Anteile der GBL zurück

Von Bernhard Hertlein
Gütersloh (WB). Bertelsmann ist wieder Herr im eigenen Haus. 4,5 Milliarden Euro investiert der Medienkonzern in den Rückkauf des 25,1-prozentigen Aktienanteils der Groupe Bruxelles Lambert (GBL).
Bertelsmann bleibt ein Familienunternehmen: Reinhard und Liz Mohn. Foto: Wolfgang Wotke

Damit ist zugleich der von GBL-Eigner Albert Frère anvisierte Börsengang vom Tisch. Die Bertelsmann AG, die weltweit knapp 90 000 Mitarbeiter beschäftigt, bleibt weiterhin ein Familienunternehmen. Dr. Gunter Thielen, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, bezeichnete die Kaufsumme bei Bekanntgabe des Geschäfts am Himmelfahrtstag als »angemessen«. Alleinige Eigentümer sind mit Vollzug des Rückkaufs am 1. Juli nun wieder die Bertelsmann Stiftung mit etwa 75 Prozent sowie die Familie Mohn.
Finanziert werden soll der Rückerwerb durch den Verkauf des Musikverlags BMG Music Publishing. Er wird nach Schätzung von Branchenkennern etwa 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro in die Gütersloher Firmenkasse bringen.
Für den Rest der Summe wird zunächst ein Banken-Konsortium gerade stehen. Der Kredit soll alsbald durch die Gewinne der Bertelsmann AG deutlich reduziert werden. Der Rest werde in Langfristdarlehen umgewandelt. Nach Angaben von Finanzvorstand Thomas Rabe wird die Verschuldung schon Ende 2007 wieder auf ein Niveau zurückgeführt sein, das - gemessen am Ertrag des Unternehmens - dem jetzigen Stand entspreche. Bertelsmann erwartet Thielen zufolge in diesem Jahr einen Rekordgewinn.
Liz Mohn begrüßte als Sprecherin der Eigentümerfamilie den Rückkauf vorbehaltlos: »Er gewährleistet die Unabhängigkeit des Unternehmens und seine langfristige und nachhaltige Ausrichtung auf der Grundlage unserer Unternehmenskultur.«
Obwohl Bertelsmann seine Schulden vorübergehend verdoppelt, bleibt der finanzielle Handlungsspielraum laut Thielen erhalten. Es werde keine einzige Investition gestoppt. Im Vorfeld hatten Beobachter gemutmaßt, die Gütersloher könnten sich eventuell auch von ihrem Anteil an dem gemeinschaftlichen Musikunternehmen Sony BMG trennen. »Dies ist derzeit kein Thema«, erklärte Thielen. Bis 2009 seien beide Seiten gebunden und könnten allenfalls an den Partner verkaufen.
Die GBL hatte 2001 einen Anteil von 25,1 Prozent der Bertelsmann-Anteile im Tausch mit seinen 30 Prozent der RTL-Aktien erworben. Der Fernsehsender erzielt im Konzern den höchsten Gewinn. Seite 4: Leitartikel/Wirtschaft

Artikel vom 27.05.2006