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Gruppe A: Deutschland

Die Begeisterung soll
unsere Mannschaft tragen

Woran es bei der WM aus deutscher Sicht sicher nicht scheitern wird, ist der Zuspruch von der Tribüne. Wie schon beim Confed Cup vor einem Jahr sind die Anhänger wild entschlossen, dem Gastgeber als Begeisterungs-Weltmeister zu einem starken Turnier zu verhelfen.


Und die Mannschaft weiß, wie wertvoll der »Fan-Faktor« für sie sein kann. »Die Stimmung war sensationell«, stellte Außenverteidiger Arne Friedrich schon in Freiburg fest, als die DFB-Auswahl nichts weiter zu erledigen hatte, als ein paar Tore im Vorbereitungsspiel gegen Luxemburg zu schießen. »Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin«, riefen die Zuschauer. Wie könnte man da denn noch an etwas anderes denken?
Auch der Bundestrainer schürt ständig die Hoffnungen, die DFB-Auswahl werde außer der ersten Partie des WM-Turniers am 9. Juni in München gegen Costa Rica auch am 9. Juli die letzte WM-Begegnung im Berliner Olympiastadion bestreiten: »Ich bin sicher, wir können mit unserer Mannschaft etwas reißen.« Die Verantwortlichen im Verband fahren die Erwartungen allerdings lieber etwas herunter. Die DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Gerhard Mayer-Vorfelder sprechen nur von Achtel- und Viertelfinale. Dabei hält Zwanziger den Ball noch flacher als sein Amtspartner.
Die anderen Teilnehmer erachten die Deutschen zumindest für gefährlich. Zum einen, weil es eben die Deutschen sind, zum anderen, weil WM-Hausherren meistens beherzt auftrumpfen und sich durch die Welle der Begeisterung durch das Championat tragen lassen. Vor vier Jahren kam Südkorea immerhin ins Halbfinale, 1998 holte Frankreich den Titel. Und auch Deutschland wurde 1974 als Gastgeber schon einmal Weltmeister, ebenso wie England 1966. Auffällig ist, dass die Europäer ihr Heimrecht mit Ausnahme von 1958, als Brasilien in Schweden gewann, stets zu nutzen wussten. Zu ihrem Favoritenkreis zählen auch dieses Mal die üblichen Verdächtigen: England, Frankreich, Italien, Niederlande. Eine Fußball-Macht zu sein in den eigenen Stadien, ist das Bestreben der DFB-Auswahl, die ihren Anhang nach den Confed Cup-Erfahrungen überall hinter sich weiß. Bei der WM-Generalprobe im vergangenen Juni hatte sich zwischen den Spielorten sogar ein Wettbewerb entwickelt, wer die besten Unterstützer stellt. Auf den Rängen lodert das Feuer, ganz sicher. Dort wird man sich jetzt wieder gegenseitig überbieten wollen.
Den Euphorie-Vorsprung auch in Tore und Siege umzumünzen, kommt nun auf die Spieler zu. Die Vorrunde ist Pflichtprogramm, danach geht es gleich ans Eingemachte. Die Prognose lautet auf England oder Schweden als ersten Rivalen in der K.o.-Runde. Von da an würde es wahrscheinlich immer härter. An diesem Punkt kommt auch wieder die Statistik ins Spiel, wonach die Deutschen den letzten »Großen« in grauer Vorzeit geputzt haben und seitdem so einem richtigen Prestige-Erfolg vergeblich hinterher rannten.
Aber sie waren ein paar Mal dicht dran, und deswegen glauben sie, diesen Bock bei der WM umstoßen zu können. Nicht darauf verlassen kann sich die Mannschaft, dass ihr die Umstände noch einmal so ins Blatt spielen wie vor vier Jahren. Damals blieben ihr auf dem Weg ins Finale die Kracher erspart. Kahn hielt glänzend, und Ballack traf dauernd zum 1:0.
(Fortsetzung auf Seite 4)

Artikel vom 02.06.2006