02.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gruppe F: AUStralien, Japan und Kroatien

Mit Hiddinks Hilfe zum Hit

Die WM 2002 hat gezeigt: Es gibt keine »Kleinen« mehr im Weltfußball. Australien und Japan wollen an der Erfolgsgeschichte der vermeintlichen Außenseiter weiter schreiben. Kroatien ist ohnehin stark.


Hält die Serie von Guus Hiddink, dann setzen die »Socceroos« in diesem Sommer in Deutschland zum großen Sprung an: 1998 führte Hiddink Holland ins WM-Halbfinale, vier Jahre später gelang dem Trainer das gleiche Kunststück mit der Auswahl von Co-Gastgeber Südkorea - eine Sensation. Folgt jetzt etwa der Höhenflug mit dem Team aus »down under«?
Der Holländer liebt Herausforderungen. In Australien machte sich der 59-Jährige schon mit der geglückten Qualifikation für das Turnier in Deutschland unsterblich. Jetzt will Guus Hiddink aber auch so weit wie möglich kommen. Doch ist die Mannschaft wirklich schon soweit? Der Trainer tönt: »Einige werden sich noch wundern, wie gut Australien sein wird.«
Ein »europäisches« Gesicht bekommt die Hiddink-Elf durch zahlreiche England-Legionäre wie Torhüter Mark Schwarzer oder Torjäger Mark Viduka von UEFA-Cup-Finalisten FC Middlesbrough. Anführer ist Liverpool-Legionär Harry Kewell. Das Dumme nur: Der Mittelfeldspieler (27) ist äußerst verletzungsanfällig. Zurzeit zwickt die Leiste.
Eine ganz besondere Beziehung haben die in glänzenden Gold-Jerseys und grünen Hosen auflaufenden Australier auch zu Deutschland: Hier tauchten die »Socceroos« schon 1974 bei ihrer bis dato einzigen WM-Teilnahme auf. Und reisten nach der Vorrunde ohne Sieg wieder ab. Seitdem hat sich viel getan: Fußball ist auf dem sportverrückten fünften Kontinent gefragter denn je.
Das zeigte sich auch vor der Abreise nach Deutschland: In Melbourne bejubelten mehr als 95 000 Zuschauer ihr Team beim 1:0-Sieg im Test gegen Griechenland. Für WM-Weltenbummler Guus Hiddink geht die Reise nach dem Turnier weiter: Der russische Fußballverband hat angeklopft.
Das größte Problem von Australien, Japan und Kroatien heißt Brasilien. Dass die »Selecao« am Ende nicht Platz eins in der Gruppe F belegt, hält eigentlich jeder für ausgeschlossen. Die Frage lautet also: Wer folgt auf Brasilien? Die erste Adresse in dieser Angelegenheit scheint Kroatien zu sein. Die Qualität zeigte sich in der Quali: Ohne eine einzige Niederlage wählten die Balkan-Kicker den kürzesten Weg zur WM. Und ließen immerhin die starken Schweden hinter sich.
Ein Vorteil der Truppe von Zlatko Kranjcar: Viele Spieler kennen sich in Deutschland bestens aus. Ob die Berliner Josip Simunic und Niko Kovac, die für Werder Bremen im Einsatz befindlichen Jurica Vranjes und Ivan Klasnic oder der Leverkusener Marko Babic - die Kroaten verfügen über geballte Bundesliga-Erfahrung. Dazu kommt mit dem Ex-Bayer Robert Kovac (mittlerweile Juventus Turin) ein weiterer Deutschland-Experte. Der große Hoffnungsträger ist aber Trainer-Filius: Niko Kranjcar (Hajduk Split) soll zur kroatischen WM-Waffe werden. Der 21-Jährige füttert die Stürmer Dado Prso (Glasgow Rangers) und Ivan Klasnic mit Vorlagen. Apropos Klasnic: Ähnlich wie bei Werder in der Rückrunde hat der Torjäger auch im Nationalteam keinen Freifahrtschein. Sein großer Kontrahent: Ivica Olic (ZSKA Moskau). Mit zwei Toren im Test gegen Österreich hat Klasnic zuletzt aber gute Argumente geliefert.
1998 wurden die Kroaten zum Deutschland-Schreck: Bei der WM-Demütigung in Frankreich hieß es am Ende 0:3 gegen die Vogts-Elf. Mit dem damaligen Erfolgsteam (scheiterte kurz danach im Halbfinale am späteren Weltmeister Frankreich) hat die heutige kroatische Auswahl nichts mehr gemeinsam, Kranjcar hat den Generationswechsel eingeläutet. Nach dem Zwischentief 2002, als man in der Vorrunde ausschied, scheint Kroatien wieder auf dem Weg in die Weltspitze.
Dort hatten die Japaner bisher nichts zu suchen. Bei der WM im eigenen Land kam man vor vier Jahren immerhin bis ins Achtelfinale. Wendig, trickreich, kampfstark: Die Asiaten verfügen über einige Qualitäten. Wenn nur diese Abschluss-Schwäche nicht wäre. Dazu kommt: Die »blauen Samurai« sind fast durchweg klein gewachsen. Ein Fakt, der sich vor allem bei der Abwehrarbeit negativ bemerkbar macht.
Auf Trainer Zico, der schon als Spieler viele Jahre in der japanischen J-League verbrachte, wartet zudem ein weiteres »Problem«: Die Brasilien-Legende trifft im dritten Gruppenspiel auf seine geliebte Heimat. Der »weiße Pelé«, wie Zico einst genannt wurde, hat allerdings weniger Angst vor der Spielstärke von Ronaldinho und Co. »Ein Unentschieden ist da für uns durchaus drin.« Es ist mehr der Herz-Schmerz, der Zico zu schaffen macht: »Ich muss stark sein, um bei einer WM gegen mein Heimatland anzutreten.«

Ein Beitrag von
Alexander Grohmann

Artikel vom 02.06.2006