25.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wer nicht vorsorgt,
handelt kurzsichtig«

Professor Dr. Meinhard Miegel referiert

Brackwede (sw). Das Ergebnis war eigentlich schon vorher klar: Der Mensch muss private Altersvorsorge leisten, weil die Staatskasse leer ist. Zu dieser Schlussfolgerung kam der aus Funk und Fernsehen bekannte Sozialforscher Professor Dr. Meinhard Miegel, der am Dienstagabend im Porsche-Zentrum referierte.

Miegel war einer Einladung des Finanzdienstleistungs-Unternehmen MLP gefolgt - ebenso 300 Interessierte, die dem 75-minütigen Vortrag lauschten. »Weichenstellungen - vom fürsorgenden Staat zum vorsorgenden Bürger« lautete das Thema. Miegel erläuterte, dass Dinge wie Altersvorsorge, Krankheit, Pflegebedürftigkeit ursprünglich gesellschaftliche Aufgaben waren. »Der Staat entdeckte erst im späten 19. Jahrhundert, etwas für den Bürger tun zu müssen.« Zur Finanzierung wählte man zunächst den konservativen Weg nach dem Motto: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Das tatsächlich aufgebaute Vermögen wurde allerdings im Ersten Weltkrieg verbraucht. Danach besann man sich auf die so genannte sozialdemokratische Vorgehensweise mit Umlagefinanzierung - der Kapitalstock wurde im Zweiten Weltkrieg abgetragen. Das heutige System, meinte Miegel, zeichne sich dadurch aus, dass die Kassen immer leer seien.
Verantwortlich machte er dafür den veränderten Bevölkerungsaufbau - immerhin betrug die durchschnittliche Bezugsdauer der Rente zu Beginn des Ersten Weltkriegs nur vier Monate -, die sich ständig erhöhende Lebenserwartung der Menschen, die sich im vergangenen Jahrhundert von 43 auf 86 Jahre verdoppelt hat, die zurückgehende Geburtenrate und die veränderte Altersstruktur: »Das bedeutet auch, dass der Anteil kranker und pflegebedürftiger Menschen stark überdurchschnittlich steigt.« Miegel zitierte die frühere Gesundheitsministerin Ursula Lehr: »Geburten- und Sterbefreudigkeit lassen in diesem Land sehr zu wünschen übrig.«
20 Reformen seit Ende der 70er Jahre wirkten sich zwar im Endeffekt zum Nachteil der Versicherten aus (»In den vergangenen 28 Jahren hat sich die Rente, kaufkraftmäßig betrachtet, um keinen Cent mehr erhöht«), sorgten jedoch auch nicht für ein gefülltes Staatssäckel - Besserung nicht absehbar. Die Folge laut Miegel: »Wer nicht vorsorgt, handelt kurzsichtig.«

Artikel vom 25.05.2006