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Kommen die NRW-Bühnen?

Intendant Michael Heicks erzählt dem »Capyttel« aus dem Theateralltag


Bielefeld (WB/mzh). Vergangenes Jahr hat Uwe Rapolder im »Capyttel« geredet. Er verlor dann seinen Trainerjob, und der 1. FC Köln stieg ab. Aber weil Theaterintendant Michael Heicks nicht abergläubisch ist, folgte er gerne der Einladung des Verkehrsvereins zur »Capyttel«-Sitzung und sprach im Rathaus über seine Arbeit.
Das »Capyttel«, ein frühneuzeitliches Treffen der Bielefelder Höker mit ausgewählten Bürgern, dessen Tradition man 1981 wiederbelebte, möchte das bürgerschaftliche Engagement stärken. »Gerade der Verkehrsverein ist besonders geeignet, im Sinne unserer Stadt und unseres Gemeinwesens positive Akzente zu setzen«, sagte der gastgebende Verkehrsvereinsvorsitzende Prof. Dr. Bernhard von Schubert.
So eine Äußerung wirkt, als halte man seinem Ehrengast einen Blanko-Wunschzettel unter die Nase. Intendant Heicks jedenfalls sähe es gerne, dürfte er zwei Theaterpädagogen verpflichten. Schließlich seien die Anforderungen an vermittelnde Kinder- und Jugendarbeit stark gestiegen.
Leider fehlt das Geld. Aber einen »positiven Akzent« würde man damit durchaus setzen . . .
Und mit einer zweiten Notiz auf seinem (nicht völlig fiktiven!) Tageskalender überraschte Heicks das »Capyttel«: »23.32 Uhr. Ein Schauspieler fragt, ob denn in Bielefeld schon einmal das NRW-Theatertreffen stattgefunden habe.« Hat es, und zwar 2001. Um 00.07 Uhr also fragt sich Heicks: »Warum eigentlich nicht? Das Theatertreffen ist auf einem guten Weg. Und es stünde Bielefeld gut zu Gesicht. Ich bleibe dran.«
Das »Capyttel« und seine Gäste, unter ihnen die Bürgermeister Detlef Helling und Horst Grube, Hans-Rudolf Holtkamp (Bielefeld Marketing) und Altoberbürgermeister Klaus Schwickert, labten sich gestern an einem deftigen Bohneneintopf und fruchtiger Rote Grütze. Gastgeber von Schubert dankte Spendern und Sponsoren, die die Sanierung des Theaters ermöglichten. Er lobte das Theater, das die Übergangsspielzeiten »mit Bravour bestanden« habe, und überreichte Heicks einen Notgeld-Schein von 1922 - »ein Stück lebendige Heimatgeschichte«.
Notgeld? Auch da hätte man abergläubisch reagieren können. Der gut gelaunte Heicks jedoch hatte soviel Positives aus seinem Haus mitzuteilen, dass dafür kein Platz blieb. Ihn stimmt die witzige Abo-Kampagne froh, die junge Familien ans Theater heranführt. Er preist das TAM als Kleinod, regelmäßig ausverkauft und freut sich über die lebendige Szene rundherum.
Vor allem aber könne er sich auf gute Leute stützen, auf Mitarbeiter, Schauspieler, Sänger und Musiker, die so manches Problem aus dem Weg räumten. Und wenn die Sopranistin mal indisponiert ist, folgen eben auch gute Leute aus Stuttgart dem Ruf nach Bielefeld. Von der - natürlich euphorisch beklatschten - Oper allerdings, kriegt Heicks nur die zweite Hälfte mit. Ja, ein Intendant hat viel zu tun. Eine Rede vor dem königlich amüsierten »Capyttel« gehört schon zu den leichteren Übungen.

Artikel vom 25.05.2006