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Seltener Besuch
in Guantánamo

Brok sieht Lager, nicht die Häftlinge

Bielefeld (WB/rb). Das Lager Guantanamo, nicht aber die Internierten, durfte jetzt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europa-Parlament, Elmar Brok, sehen. Mehr ließ die US-Regierung nicht zu.
Gemeinsam mit drei EU- und zwei US-Parlamentariern nahm der Bielefelder CDU-Abgeordnete die äußerst seltene Besuchsmöglichkeit wahr. Die sechs Politiker hatten wiederholt Bedenken über die Rechtsstaatlichkeit der Einrichtung geäußert.
Die Delegation wurde von Admiral Harris, Kommandeur der »Joint Task Force«, begrüßt und durch das Camp geführt. Dabei besichtigte sie die Gefangenenblocks, das Hospital, die Verhörräume, den Militärgerichtssaal und das Beweismittellager. »Unserer Bitte, direkt mit den Gefangenen sprechen zu können gab man aus Sicherheitsgründen nicht nach«, sagte Brok. Das Gesehene spreche dafür, dass die Haftbedingungen heute besser seien als früher. So hätten die Gefangenen Zugang zu medizinischer Versorgung, gesunder Ernährung, sowie Erholungs- und Freizeiteinrichtungen. Die freie Religionsausübung sei gewährleistet. Der Besuch erfolgte vier Tage nach Unruhen in dem Camp, denen zwei Selbstmordversuche und Angriffe auf die Wachen vorausgegangen waren.
Das Kernproblem von Guantanamo bleibe »die rechtsstaatliche Schwäche« sagte Brock. Die Gefangenen könnten nicht mit einer Anklage und einem rechtsstaatlichen Verfahren rechnen. »Dies muss sich ändern, zumal die US-Regierung offenbar keine Schließung des Lagers plant.« Der laufende Neubau eines 34 Millionen Dollar teuren neuen Camps als Ersatz für die» Camps 1 bis 3« lege dies nahe. Brok: »Der Besuch hat mich darin bestärkt, dass wir dem Terrorismus gemeinsamer und glaubwürdiger entgegentreten müssen. Tun wir das nicht, dann liefern wir den Feinden der Freiheit Angriffsflächen und Entschuldigungen für ihre Taten.« Deshalb müsse das Lager so bald wie möglich geschlossen werden.

Artikel vom 24.05.2006