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Schlachtmüll illegal verkauft

Staatsanwalt fordert Einfärben von Fleischabfällen - Anhörung im Landtag

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Nach den jüngsten bundesweiten Fleischskandalen hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg einen besseren Schutz der Verbraucher gefordert. Hierzu gehöre das Einfärben von Schlachtabfällen.

»Da es bereits einen schwunghaften Handel mit genussuntauglichen Schlachtabfällen gibt, muss davon ausgegangen werden, dass auch gefährliches BSE-Risiko-Material nicht vernichtet, sondern mit Gewinn verkauft wird«, sagte Staatsanwalt Bernard Südbeck dieser Zeitung. Erkenntnisse über einen Handel mit Schlachtabfällen hätten sich aus Ermittlungsverfahren in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Niedersachsen ergeben. In einem Fall in Niedersachsen habe es zudem Hinweise auf einen Verkauf von BSE-Risikomaterial für die Weiterverarbeitung zu Lebensmitteln ergeben. Die Ermittlungen in diesem Fall hätten den Verdacht aber nicht erhärten können.
Bei BSE-Risikomaterial handele es sich zum Beispiel um Rückenmark und Hirn, das bei der Zerlegung von Rindern anffalle. Es werde als für die Gesundheit gefährlich eingestuft und dürfe auch nicht zu Tierfutter verarbeitet werden. Durch eine Einfärbung aller Schlachtabfälle könne das Verschieben solchen Materials in die Lebensmittelproduktion erschwert oder verhindert werden.
Südbeck ist Sprecher der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen. In einer Stellungsnahme für die heutige Expertenanhörung im NRW-Landtag zur Stärkung des Verbraucherschutzes hat Südbeck auch gefordert, Lebensmittelprodukte besser zu kennzeichnen. Es werde kaum noch auf den Hersteller hingewiesen. Vermerkt sei nur, für welchen Auftraggeber das Produkt angefertigt wurde. Damit der Verbraucher kein anonymes Produkt kaufe, müssten Hersteller und Herstellungsort erkennbar gemacht werden. Nur dann könne der Verbraucher bei Lebensmittelskandalen oder bedenklichen Produktionsmethoden den Hersteller boykottieren.
Die Staatsanwaltschaft fordert vom Gesetzgeber ferner, den Einsatz von Leiharbeitern in Schlachthöfen und Zerlegebetrieben zu verbieten. Arbeiter von Subunternehmen, insbesondere osteuropäischer Firmen, würden ausgebeutet. Sie identifizierten sich weder mit dem Lebensmittelhersteller noch mit dessen Produkt. Zudem seien die Kenntnisse in der Lebensmittelhygiene mangelhaft. Notwendige Bescheinigungen würden häufig gefälscht. Der hohe Arbeitsdruck mit Arbeitszeiten von 12 bis 18 Stunden täglich bei Stundenlöhnen zwischen 1,50 und vier Euro führe zu erheblichen Hygienemängeln. Die Arbeiter würden häufig in verwahrlosten Sammelunterkünften ohne nennenswerte Sanitäranlagen untergebracht. Festangestellte, gut ausgebildete, firmeneigene Mitarbeiter identifizierten sich in der Regel mit Produkt und Unternehmen und würden Hygienevorschriften befolgen.
Nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) sind bundesweit 25 000 Arbeitsplätze in der Fleischindustrie weggefallen und durch Billiglohn-Kolonnen aus Osteuropa ersetzt worden. Die meisten Leiharbeiter würden illegal beschäftigt, sagte NGG-Sekretär Matthias Brümmer.Seite 4: Kommentar

Artikel vom 24.05.2006