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Riesiges Loch bei Lehrstellen

Aktuell 20 Prozent mehr Bewerber

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Sehr viel weniger Stellen für sehr viel mehr jugendliche Bewerber: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes in Ostwestfalen gibt Anlass zu großer Sorge.

Nach Auskunft von Swen Binner, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen (IHK), lag die Zahl der Ausbildungsplatz-Suchenden zum 1. Mai mit 8700 um 20 Prozent über den 7200 des Vorjahres. Dieser großen Zahl stünden laut Arbeitsamts-Statistik gleichzeitig nur 2300 offene Stellen gegenüber -Ê500 oder 18 Prozent weniger als zum gleichen Zeitpunkt 2005.
»Dieses Auseinandergehen der Schere zwischen Angebot und Nachfrage ist alarmierend«, sagte Binner gestern dem WESTFALEN-BLATT. Der Präsident der Bielefelder IHK, Herbert Sommer, und Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff werben deshalb jetzt in einem gemeinsamen Appell an alle IHK-Betriebe, die bisher noch keine Lehrstellen zur Verfügung stellen, für einen Einstieg in die Ausbildung. Gleichzeitig fordern sie die 1500 größten Ausbildungsbetriebe in Ostwestfalen auf, über den eigenen Bedarf hinaus Plätze zur Verfügung zu stellen.
Es gehe darum, »über die Schmerzgrenze hinaus« Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Zwar seien bei der IHK derzeit sogar ein Prozent mehr Ausbildungsverträge eingetragen als zum gleichen Zeitpunkt 2005. Im Vergleich zu 1996 betrage die Steigerung sogar 18 Prozent. Dies alles reiche aber nicht, um die Jugendlichen nicht verzweifeln zu lassen. Nach Ansicht Sommers geht es um die Rettung des dualen Systems - des »besten Ausbildungssystems auf der Welt«. Die praxisnahe Vorbereitung aufs Berufsleben sei ein großer Standortvorteil für die hiesige Wirtschaft.
Der Nutzen der dualen Ausbildung besteht unter anderem in der hohen Betriebsbindung und Motivation der Auszubildenden, in eingesparten Personal-Suchkosten bei der Besetzung von Arbeitsplätzen, der wachsenden Produktivität der Auszubildenden im Laufe ihrer Ausbildungszeit und zuletzt im Imagegewinn für die Betriebe, die Lehrlinge beschäftigen.
Zugleich kritisierte Sommer die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Es mangle oft an qualifizierten Bewerbern. Manche seien nicht »ausbildungsreif«. Zudem seien die Standortkosten zu hoch und das Arbeitsrecht zu unflexibel. Die IHK habe die Verbesserung der Ausbildungssituation zu ihrem Schwerpunktthema für dieses Jahr erklärt. S. 4: Kommentar

Artikel vom 23.05.2006