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Bahn soll ohne
Netz an Börse

Politiker wollen Gleise ausgliedern

Berlin (dpa). In der großen Koalition nehmen die Vorbehalte gegen den von der Deutschen Bahn verlangten Börsengang inklusive Gleisnetz zu. Nach den Verkehrspolitikern kritisieren auch die Haushaltspolitiker von CDU/CSU und SPD die DB-Pläne eines solchen »integrierten Konzerns«.
Die Verfügungsgewalt der Deutschen Bahn über das Gleisnetz ist umstritten. Foto: dpa

Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Uwe Beckmeyer, sagte: »Ich begrüße diese zunehmende Sensibilisierung auch der Haushaltspolitiker hinsichtlich der Risiken des Börsengangs.« Eine Entscheidung über das Privatisierungsmodell sei allerdings noch nicht gefallen.
Unterdessen gibt es nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« in der Bundesregierung auch Überlegungen, statt eines Börsengangs einzelne Unternehmensteile direkt an Investoren zu verkaufen. Im Finanzministerium werde auf erfolgreiche Privatisierungen verwiesen, die ohne Börsengänge erfolgt seien (Tank & Rast, Bundesdruckerei). Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte der Zeitung: »Es könnte sein, dass man einen Verkauf an Finanzinvestoren ins Auge fasst.«
Die SPD-Haushaltsarbeitsgruppe unter Leitung von Klaas Hübner betont in dem Positionspapier, die DB AG habe sich von einem reinen Bahn-Unternehmen zu einem führenden internationalen Transport- und Logistikdienstleister entwickelt. »In diesem zwar umsatzstarken, aber gewinnmargenschwachen Wirtschaftsbereich sind Unternehmenszukäufe von entscheidender Bedeutung für die Marktpositionierung.« Benötige das Unternehmen dazu frisches Geld, müsse der Bund als Anteilseigner von 51 Prozent der Aktien in jedem Fall mitgehen.
Die Experten sehen noch weitere Finanzrisiken. Geplant sei eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die der DB mindestens zehn Jahre lang je 2,5 Milliarden Euro Baukosten-Zuschüsse für die Eisenbahninfrastruktur garantiere. Hier sei die Verwendung der Mittel genauso zu klären, wie die Frage, was passieren würde, wenn die Finanzierungsvereinbarung nach zehn Jahren nicht verlängert würde. »Fiele das Netz dann an den Bund zurück und wenn ja, zu welchem Preis?«
Offen sei auch, ob ein Börsengang mit Gleisnetz mit den EU-Bestimmungen übereinstimme. Danach sei zu fragen, was passiere, wenn eine Klage gegen das integrierte Modell beim Europäischen Gerichtshof Erfolg hätte. »Sollte der Bund von der EU-Kommission oder per Gerichtsentscheid dazu verpflichtet werden, das Netz aus dem integrierten Konzern zu lösen, wäre dies mit gewaltigen Kosten zu Lasten des Bundes verbunden. Dieses Risiko für den Bundeshaushalt muss vermieden werden.«

Artikel vom 22.05.2006