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Joschka Fischer wieder unterwegs

Liz Mohn und Ex-Außenminister erhalten Ehrendoktorwürde in Tel Aviv

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Joschka Fischer (B'90/Grüne) ist wieder da. Nach einer selbstverordneten Auszeit kehrt der frühere Vizekanzler auf die außenpolitische Bühne zurück. Zusammen mit Liz Mohn, Vize-Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, erhält der 58-Jährige die Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv.
Liz Mohn (Bertelsmann) und Ex-Außenminister Joschka Fischer: Ehrendoktores der Uni Tel Aviv.
So wie das große Engagement von Bertelsmann für die deutsch-jüdischen und deutsch-israelischen Beziehungen ausgezeichnet wird, kann Fischer sich der Laudatio gewiss sein. Kein Staat wurde von ihm in sieben Jahren rastloser Reisediplomatie öfter besucht als Israel. 14 Mal führte er Gespräche und hielt demonstrativ Kontakt.
Seit einer Woche ist Fischer, der im Gegensatz zu Ex-Kanzler Gerhard Schröder keine spektakulären Anschlussbeschäftigungen suchte, wieder außenpolitisch unterwegs. Die Gefahr eines nuklearen Rüstungswettlaufs, ausgehend von Iran, stand im Blickpunkt einer Rede Fischers vor dem Europaausschuss der Hamburger Bürgerschaft. Prompt titelte die alternative »Tageszeitung«, Fischer einstiges Medium: »Der Welterklärer ist wieder im Dienst«.
Auch beim Lateinamerikagipfel in Wien sprach Fischer zur Europapolitik - und kam ebenso schnell auf deren äußere Bedrohungen: »Ich sehe dunkle Wolken am südöstlichen Horizont, da baut sich eine starke Krise auf.« Israel-Freund Fischer teilt die Sicht eben jenes Staates, der zuvorderst im Visier Teherans liegt: Dem »Hegemonialanspruch des Iran« müsse der Westen einschließlich der »amerikanischen Freunde« mit Diplomatie und wirtschaftlichem Druck begegnen, sagt er. Siehe da, die Außenpolitik hat ihn wieder, auch ohne Amt.
Gleichfalls aus innerer Überzeugung steht das Haus Bertelsmann seit zwei Jahrzehnten hinter dem Anspruch Israels auf ein friedliches Nebeneinander. Die Bertelsmann-Stiftung hat über Jahre die Vermittlung ihrer europapolitischen Arbeit an israelischen Universitäten ermöglicht. Eine der Initiativen ist die Gründung und der Betrieb der ersten Journalistenschule Israels. Die renommierte Ausbildungsstätte, die Theorie und Praxis eng verzahnt, wurde 1989 von Reinhard Mohn mitbegründet.
Der Senat der Universität Tel Aviv würdigt mit der Ehrendoktorwürde an Liz Mohn auch deren persönliches Engagement bei der Gestaltung der deutsch-jüdischen Beziehungen.
Für Fischer ist es nach Haifa (2002) der zweite Doktorhut ehrenhalber. Die Bertelsmannchefin, bislang ohne Dr. hc, steht ihm allerdings kaum nach. Im November 2003 erhielt sie gemeinsam mit Ehemann Reinhard Mohn den Teddy-Kollek-Preis für große Verdienste um die Stadt Jerusalem.

Artikel vom 19.05.2006