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Schüler und Profis auf der Bühne

Projekt des Hamburger Ballett-Chefs feiert glanzvolle Premiere

Von Ekkehard Rossmann
Hamburg (dpa). Sie waren alle »Romeo und Julia«, tanzten und rappten und erzählten in ihrer Muttersprache die traurige Geschichte des berühmten jungen Liebespaares.

Für sein Jugendtanz-Projekt »Focus on Youth« hat Hamburgs Ballett-Chef John Neumeier am Mittwochabend sein Prokofieff-Ballett in ein multikulturelles Friedens- und Volksfest verwandelt. Mehr als 200 junge Tänzer und Nichttänzer hat der berühmte Choreograf auf die Staatsopern-Bühne gebracht, indem er die traditionelle Vorstellung der Ballettschule John Neumeier für drei Gesamtschulklassen öffnete.
Seit der britische Tanzpädagoge Royston Maldoom mit Berliner Schülern »Rhythm is it!« realisierte, liegt Tanz in deutschen Schulen im Trend. Neumeier wollte einen anderen Versuch unternehmen, indem er junge Profis und Amateure zusammenführte. Mehr als sechs Monate arbeiteten seine Assistenten, die Tänzer Indrani Delmaine und Yukitchi Hattori, die Dramaturgin Telse Hahmann und der Ballettpädagoge Christian Schön, mit den 75 Schülern in einer regulären Doppelstunde pro Woche.
Die Dozenten an der Ballettschule studierten die Choreografien mit ihren 130 Schülern aller Ausbildungsstufen ein: von putzigen Ballettratten aus der Vorschule, die ihren entzückenden Auftritt als Blumen und allerlei Getier bekamen, bis zu den Theaterklassen. Neumeier montierte schließlich die erarbeiteten Szenen mit der Prokofieff-Komposition, türkischer, ungarischer und italienischer Volksmusik sowie Songs von Simon & Garfunkel zusammen. Der 17 Jahre alte Ukrainer Alexandr Trusch war als spielerischer Romeo die Entdeckung des Abends, der seine zarte blonde Julia Fee Lichtenberg mit drolligen Späßen umwarb.
Neumeier kam es weniger auf das Ergebnis an als auf den Weg dorthin, den gemeinsamen Arbeitsprozess. »Die Erfahrung für die an Tanz nicht gewöhnten Kinder mit der klassischen Musik, dem Theater und dem eigenen Köper war das Wesentliche an der Idee des Projekts«, sagte er zur Begrüßung. Deshalb hätte man sich gewünscht, dass er die Gesamtschüler etwas öfter ins Tanzspiel eingebunden, sie weniger zu Zuschauern gemacht hätte. Aber sicherlich haben die beteiligten Jugendlichen viel gelernt und werden das gemeinsame Erlebnis dieses Theaterabends gewiss nicht so schnell vergessen.
www.hamburg-ballett.de

Artikel vom 19.05.2006