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Wühlmaus-Gift:
20 Menschen
noch in Klinik

Betroffenen geht es aber weiter gut

Von Stefanie Westing
und Markus Poch (Fotos)
Brackwede (WB). Auch einen Tag nach dem Wühlmaus-Gift-Alarm in Brackwede-Holtkamp zeigen die 20 Betroffenen, die auf den Intensivstationen verschiedener Krankenhäuser liegen, keinerlei Krankheitssymptome. »Uns geht es gut. Es ist nur ein wenig langweilig«, sagte zum Beispiel Ulrich Dreiwes, der - wie drei seiner Kollegen - auf der Intensivstation des Klinikums Rosenhöhe beobachtet wird, dem WESTFALEN-BLATT.

Dreiwes hatte den Einsatz am Mittwoch an der Holtkampstraße für die Feuerwehr geleitet. Zunächst war, wie gestern ausführlich berichtet, ein Kellerbrand gemeldet worden, der sich später als chemisch reagierendes und giftiges Phosphorwasserstoff-Gas entwickelndes Wühlmaus-Gift herausgestellt hatte. 20 Menschen - 13 Feuerwehrleute, zwei Polizeibeamte und die fünfköpfige Anwohnerfamilie - hatten das Gas eingeatmet. Sie mussten anschließend, nach Rücksprache mit dem Leitenden Notarzt und der Giftnotrufzentrale in Berlin, vorsorglich zur Beobachtung auf die Intensivstation. Weil Vergiftungserscheinungen 72 Stunden lang auftreten können, ist die Überwachung bis Samstagmorgen angesetzt.
Bis dahin sind die Betroffenen ans EKG angeschlossen, außerdem wird regelmäßig mit einem Pulsoximeter die Sauerstoffsättigung im Blut überprüft. »Gesundheitschecks absolvieren wir sowieso regelmäßig«, berichtet Dreiwes. Untersuchungen dieser Art sind für ihn und die Kollegen also nichts Neues - Untersuchungen dieser Länge schon. »So was habe ich persönlich in 20 Jahren bei der Berufsfeuerwehr noch nicht erlebt«, sagt der 43-Jährige. »Ich bin nach einem Einsatz noch nie im Krankenhaus gelandet.«
Sein Kollege Rolf Mühlenweg, Wachführer der Wache Süd, liegt im Zimmer nebenan. Er musste in seiner 30-jährigen Berufserfahrung zwar schon zweimal ins Krankenhaus - auf die Intensivstation aber noch nie. Für Jürgen Strathmann und Markus Hunke, ebenfalls von der Wache Süd, ist die Situation ebenfalls neu. Sie nehmen ihre Lage zwar mit Humor, freuen sich aber darauf, ihre Entlassungspapiere in Empfang nehmen zu können. »Man fühlt sich doch ein bisschen angekettet«, begründet der 43-jährige Strathmann. Weil sie ans EKG angeschlossen sind, dürfen sie ihre Betten nur zum Duschen oder zum Toilettengang verlassen. Am Mittwochabend wurde aber eine Ausnahme gemacht: Zum Champions-League-Finale besuchten Dreiwes und Mühlenweg ihre beiden Leidensgenossen. Diese liegen in einem Doppelzimmer, das die Kollegen von der Feuerwehr mit einem kleinen Fernseher ausgestattet hatten.
Unterdessen konnten die Umweltermittler der Kriminalpolizei bei ihren Untersuchungen kein endgültiges Ergebnis verkünden. Diese hatten am Mittwoch vor Ort geprüft, ob das Wühlmaus-Gift unsachgemäß gebraucht wurde. »Die Familie hat angegeben, das Mittel nicht ausgelegt zu haben«, erklärte Ulrich Schwieger. »Es bleiben einige Fragezeichen. Wie es scheint, haben Unbekannte das Wühlmaus-Gift ausgelegt.«
Nach Einschätzung des Umweltermittlers handelt es sich in diesem Fall weder um eine Ordnungswidrigkeit, noch um eine Umweltstrafsache - zumindest nicht, wenn alle Betroffenen am Samstag die Intensivstationen wohlbehalten verlassen können. Schwieger wird seinen Bericht aber dennoch an die Staatsanwaltschaft weiterleiten.

Artikel vom 19.05.2006