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Kinder brauchen
Deutschkenntnisse

Türkin ohne alleiniges Sorgerecht

Bielefeld (uko). Zum ersten Mal hat das Amtsgericht Bielefeld einer Türkin das alleinige Sorgerecht für ihre Kinder versagt, weil die Frau nicht Deutsch spricht. Das Urteil, das in einem Scheidungsverfahren gesprochen wurde, ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die beiden Türken Semala (26) und Ali F. (28, Namen geändert) hatten 1996 in ihrem Heimatland geheiratet, waren ein Jahr später nach Deutschland gezogen und hatten sich in Bielefeld angesiedelt. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Mehmet (8) und Sibel (4) hervor.
Bereits vor drei Jahren war der Ehemann Ali F. aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Beide Partner stimmten auch dem Scheidungsverfahren zu, das jetzt vor dem Amtsgericht Bielefeld entschieden wurde. Während des Prozesses jedoch verlangte die Mutter das alleinige Sorgerecht für beide Kinder, der Vater widersprach dieser Forderung. Nach deutschem Recht gehen die Gerichte zunächst von einem gemeinsamen Sorgerecht aus, es sei denn, es sprechen gewichtige Gründe gegen diese Regelung.
Amtsrichter Andreas Bünemann hörte nun die Parteien an und stellte fest, daß die Mutter Semala F. »der deutschen Sprache in keiner Weise mächtig ist, obwohl sie nun seit neun Jahren in Deutschland lebt«. Sie war auf die Hilfe eines Dolmetschers angewiesen, der »Wort für Wort übersetzte«. Der Vater hingegen sei in der Lage gewesen, der mündlichen Verhandlung zu folgen. Andreas Bünemann wies daher den Sorgerechtsantrag der Mutter zurück: »Es entspricht dem Wohl der Kinder, daß ein verantwortlicher Elternteil vorhanden ist, der die Belange der Kinder hier in Deutschland auf deutsch vertreten kann.« Das könne nach Lage der Dinge wohl nur der Vater sein, denn der sei ja der deutschen Sprache mächtig.
Also könne es »nicht dem Wohl der Kinder« entsprechen, daß sich allein die Mutter um sie kümmere, führte Bünemann aus. Das Urteil der Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig: Der Anwalt der Frau hat angekündigt, er werde in die Berufung gehen.

Artikel vom 18.05.2006