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Bielefelder Beamter ist immer nah dran an der Klinsmann-Elf

Polizeikommissar Dirk Wüstenbecker ist bei der WM im »Team Deutschland«

Von Lars Rohrandt
Bielefeld (WB). Jede Menge Arbeit und Überstunden kommen auf Polizeikommissar Dirk Wüstenbecker in den nächsten Wochen zu. Trotzdem freut sich der 34-Jährige von der Bielefelder Polizeiinspektion Nord. Denn als szenekundiger Beamter ist er während der Weltmeisterschaft dort, wo Deutschlands Fußballer sind.

»Die Städte, die Stadien, die Atmosphäre - das ist auch etwas, was wir im Dienst so nicht mehr erleben werden«, erklärt Wüstenbecker. Mit 13 weiteren szenekundigen Beamten (SKB) aus verschiedenen Bundesländern bildet er das »Team Deutschland«. Sie kennen die deutsche Hooliganszene, haben die so genannten Problemfans im Stadion, oder wo immer sie auch sind, im Blick. Für andere Länder wie England oder Holland gibt es weitere Teams.
Fußballfans werden in drei Gruppen unterteilt. Der A-Fan ist der friedliche Fan und bildet die große Mehrheit. Dann gibt es in Deutschland aber noch etwa 9000 andere: Der B-Fan neigt zu Gewalt, wenn er betrunken ist, plant diese aber nicht. Und der C-Fan sucht die Gewalt gezielt. Wüstenbecker: »Ein Hooligan geht nicht zum Fußballgucken ins Stadion.«
Wüstenbecker und seine Kollegen treten stets in Zivilkleidung auf. »Das hat sich einfach bewährt.« So stiege die Bereitschaft, mit den Polizisten zu reden. »Wir sind einerseits in der Szene bekannt und kennen andererseits die Szene, wissen viele Namen von Problemfans.« So kämen die möglichen Gewalttäter aus der Anonymität heraus und begingen Straftaten nicht mehr so, wie geplant.
Während DFB-Trainer Jürgen Klinsmann seine Mannschaft erst jüngst berief, steht der »Kader« des SKB-Teams Deutschland schon seit zwei Jahren fest. Beim Confederations-Cup im Sommer 2005 gab es die ersten gemeinsamen Einsätze. »Wir konnten die logistischen und strukturellen Abläufe proben.« Diese Mannschaft ist also schon eingespielt. »Beim Confed-Cup lief alles bestens. Das war ein Fußball-Fest. Das einzige Problem waren die Flitzer«, erzählt der 34-jährige Familienvater und schmunzelt.
Bevor die Weltmeisterschaft los geht, werden die szenekundigen Beamten zunächst nach Neuss verlegt, wo die »Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze« (ZIS) ihren Sitz hat. Die ZIS registriert und beobachtet bundesweit Fußball-Gewalttäter. »In Neuss werden wir technisch ausgestattet«, erzählt Wüstenbecker. Dann geht es nach München, der Stadt des WM-Eröffnungsspiels zwischen Deutschland und Costa Rica.
Geplant sei, immer in den Städten zu sein, wo die »Klinsmänner« auflaufen. Das kann sich aber auch ändern: »Wenn woanders etwas passieren sollte, müssen wir natürlich reagieren.« Der deutschen Problemfanszene könne man ja schließlich nicht vorschreiben, wo sie in Erscheinung tritt. Der Polizeikommissar ist sich aber sicher: »Wir können uns auf eine friedliche Weltmeisterschaft freuen.« Die Stadien seien unter Sicherheitsaspekten hervorragend und die deutschen Polizeibeamten gut vorbereitet. Nah dran an der deutschen Nationalmannschaft ist der 34-Jährige also. Ob er Michael Ballack und Miroslav Klose allerdings auch auf dem Rasen sieht, ist fraglich. Nur ein Teil des Teams steht im oder vor dem Fanblock.
Wüstenbecker hat internationale Erfahrung. 2004 war er bei der Europameisterschaft in Portugal, davor bei Spielen in Glasgow, Belfast oder in der Slowakei. Zuletzt war er in Florenz, als Deutschland gegen Italien 1:4 verlor. »Hoffentlich übersteht das deutsche Team die Vorrunde«, sagt der Polizeikommissar und wünscht sich ein Finale zwischen Deutschland und Brasilien. Falls der Gastgeber jedoch früh ausscheidet, bedeutet das nicht auch das Aus des SKB-Teams Deutschland. »Für uns geht es weiter.«
Von seinem Bielefelder Büro aus hat Wüstenbecker das Stadion des DSC Arminia im Blick. Hier in Ostwestfalen kennt er sich besonders gut aus. Seit 1995 ist er als szenekundiger Beamter unterwegs - beinahe jedes Wochenende. »Im Laufe der Zeit bin ich ein Sympathisant von Arminia geworden, aber Fan bin ich von Borussia Möchengladbach.« Privat geht er bei soviel Fußball-Arbeit kaum noch ins Stadion. Da tritt er lieber selbst ans Leder, als Libero bei den Altherren.

Artikel vom 25.05.2006