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Sport steht immer auf Platz 1

WM-Paten (Folge 27): Deutschland - Australien und zurück: Klaus Knopf

Von Markus Poch (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Er spielte Fußball für die Nepean Juniors in Sydney, ließ sich beim Rugby zweimal die Nase einschlagen und schiebt heute am liebsten eine ruhige Snooker-Kugel: Klaus Knopf ist kein gewöhnlicher Mann. Er ist cooler als die meisten Menschen hierzulande.

Er denkt in anderen Dimensionen, regt sich einfach nicht so schnell auf, und das liegt an seiner Vergangenheit. Der 58-Jährige stammt gebürtig aus Bielefeld-Quelle, lebte dann 42 Jahre lang in Australien und wohnt heute, unweit seines Geburtsortes, im Stadtteil Ummeln. Wenn Deutschland im Halbfinale der Fußball-WM auf Australien treffen sollte - wem soll er die Daumen drücken?
Dieses Problem wird er, wie viele andere zuvor auch, lässig lösen - vorzugsweise mit einem Gläschen australischen Rotweins in der Hand. »Mein Herz sagt Australien, mein Kopf sagt Deutschland«, erzählt er. »So kann ich mich auf jeden Fall freuen.« Fußball, das gibt er sofort zu, ist nicht »sein Sport«, aber er verfolgt trotzdem das Abschneiden der beiden Nationalteams. Seinen Australiern traut er ein 2:1 gegen Japan zu, gegen Brasilien ein »dazu braucht man nicht viel zu sagen...« und gegen Kroatien ein Remis. Das könnte zum Überstehen der Vorrunde reichen. Das Leistungsvermögen der Deutschen kann er aktuell nicht einschätzen, »aber abschreiben darf man die nie. Das haben sie schon oft gezeigt. Und wenn Australien schon nicht Weltmeister wird, dann wenigstens Deutschland.«
Als Vereinsmannschaft lässt Klaus Knopf ausschließlich den Lehmann-Club Arsenal London gelten. Bisher kennt er die englische Premier-League zwar nur aus dem Fernsehen, aber »ich habe schon lange den Plan, mal zu einem Fußball-Wochenende nach London zu fliegen«.
Seit 2001, seit er wieder in Deutschland lebt, ist es bis an die Themse ja auch nicht mehr weit. Das war in den 42 Jahren zuvor gaaaaaaanz anders: Im 13. Lebensjahr wurde die australische Metropole Sydney zu seiner Heimat. Die Eltern waren 1960 mit drei Kindern aus Quelle dorthin ausgewandert. Sein Vater begann als Heizer bei der Eisenbahn, seine Mutter als Sekretärin. Er selbst ging »downunder« noch ein wenig zur Schule und hatte danach alle Möglichkeiten, die ein dynamischer Australier haben kann. Der junge Klaus Knopf bediente aber nicht die Klischees: Er sprang weder mit den Kängurus oder Koalas, noch warf er nonstop Bumerangs.
Nein, er wurde Kältebautechniker, schwenkte später um in die Informatik, die ihn bis heute ernährt. Zwischendurch heiratete er zweimal, trennte sich zweimal, zeugte drei Kinder, hat aktuell fünf Enkel. Immer mal wieder ging er ins Stadion, sah sich Fußball-Länderspiele (»Soccer«) an oder Begegnungen der »Marconi Stallions«, in dem Topstars wie Christian Vieri (AS Monaco) und Mark Schwarzer (FC Middlesbrough) entdeckt wurden. »Die Australier sind Sportfanatiker«, berichtet Klaus Knopf. »Bei ihren Prioritäten steht Sport an erster Stelle - noch vor Gott. Auf Platz drei folgt Sport, auf vier Sport und so weiter. Soccer hat hier seit den 1960er Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Aber Rugby bleibt die Nummer eins.«
Der kräftige Mann mit den stabilen Hosenträgern spricht akzentfrei Deutsch, hat in Australien immer viel Deutsches gelesen, um seine Muttersprache nicht zu verlernen. Doch vermutlich säße er noch heute am Fuße der berühmten Harbour-Bridge, Blick auf das Opernhaus, hätte nicht seine Schulfreundin Martina Gallo aus Bielefeld diese verrückte Idee gehabt.
Seit die Brackweder SPD-Bezirksvertreterin und Lehrerin an der Gesamtschule Brackwede mit ihm in den 50er Jahren zur Queller Volksschule gegangen war, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Dann plötzlich, im Jahre 2001, stellte sie über ihr Patenkind Christina Wehrmann, das als Au-Pair im »benachbarten« Brisbane arbeitete, Kontakt zu ihm nach Sydney her, lud ihn ein, nach Bielefeld zu Besuch zu kommen. Er kam, die beiden verliebten sich, und er brach noch im selben Herbst alle Zelte in Australien ab. Seitdem leben die beiden glücklich in Ummeln, heirateten 2005.
Kritisch findet Klaus Knopf, der als Elektroniker bei Microtec in Quelle arbeitet, nur das lokale Wetter: »Ich hatte Bielefeld nicht als ein solches Regenloch in Erinnerung. Manchmal ist es ja ungemütlicher als in Tasmanien...«

Artikel vom 17.05.2006