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Arzt erschießt Frau und Kind

Nur der fünfjährige Sohn überlebt Bluttat des passionierten Jägers

Von Sabine Kwapik
Erftstadt (dpa). Am Morgen danach liegt bleierne Stille über dem Lourdesweg im idyllischen Ort Erftstadt-Dirmerzheim. In der kleinen Siedlung direkt neben der Kirche aus Backstein deutet nur ein weiß-rotes Absperrband der Polizei auf das Familiendrama hin, bei dem drei Menschen starben.

Fliederbüsche säumen die Einfahrt zum Haus Nummer 2, ein Efeu bewachsenes Schild zeigt den Weg zur Arztpraxis. Dahinter liegt inmitten eines blühenden Gartens das Wohnhaus der Familie des Allgemeinmediziners. Der 47-Jährige schoss in der Nacht zum Montag auf seine 43 Jahre alte Ehefrau und seine beiden 10 und 5 Jahre alten Söhne und richtete die Waffe danach gegen sich selbst. Nur der fünfjährige Junge überlebte schwer verletzt und ist mittlerweile außer Lebensgefahr.
»Das war eigentlich ein ganz vernünftiger Mensch«, sagte ein Patient des Mediziners. Er selber wollte sich heute ein Rezept abholen. »Das waren freundliche Leute, aber man weiß ja nicht, was sich hinter den Kulissen tut«, ergänzte die Frau des Patienten.
Der Mediziner richtet die Waffe erst gegen seine Frau, die die Beamten tot im Erdgeschoss des Wohnhauses fanden. Die beiden verletzten Söhne lagen bei Eintreffen der Polizei in den Kinderbetten im Obergeschoss. Nach den Schüssen rief der 47-Jährige um 23.56 Uhr die Rettungsleitstelle des Rhein-Erft-Kreises an, bat darum, mehrere Notärzte zum Haus der Familie zu schicken und erschoss sich danach selbst. Die Hilfe kam allerdings für den zehnjährigen Sohn zu spät. Das jüngere Kind konnten die Ärzte retten.
»Das muss eine Kurzschlusshandlung gewesen sein«, meint eine ältere Passantin kopfschüttelnd. Sie selbst sei mit der Familie befreundet, ihre Söhne kennen den im Dorf beliebten Mediziner gut, sagt sie um Fassung ringend. »Sie sind mit ihm zur Jagd gegangen.« Erklären könne sie sich das alles nicht so ganz: »Es ist kein Mangel an irgendwas da gewesen.«
Zum Tatmotiv gibt die Polizei allgemein familiäre Probleme an. »Ja - Trennungsgerüchte hat es gegeben - auch schon öfter«, sagt die Passantin. Schon vor einiger Zeit soll es nach Angaben von Einwohnern in der Ehe gekriselt haben. Die 43-Jährige habe die Absicht gehabt, ihren Mann zu verlassen. Direkte Nachbarn des Allgemeinmediziners meinen: »Das ist alles unfassbar. Wir haben gar nichts von der Tragödie mitgekriegt. Und das alles in unserer beschaulichen Straße. Das geht an die Nieren.«
Ehekrisen und finanzielle oder berufliche Probleme sind oft Motiv für Familientragödien. So löschte ein 41 Jahre alter Mann am 30. April 2005 in Rheinfelden (Baden-Württemberg) seine gesamte Familie aus. Er erschoss seine 30 Jahre alte Ehefrau, seine beiden 4 und 7 Jahre alten Kinder sowie seine 74 und 79 Jahre alten Eltern.

Artikel vom 17.05.2006