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»Beste und größte WM aller Zeiten«

Paderborn: FIFA-Boss Blatter und Minister Schäuble spielen Doppelpass

Von Klaus Lükewille
Paderborn (WB). Endlich mal ein schöner Tag beim Nachbarn. Am Morgen das harmonische Treffen mit Angela Merkel im Berliner Kanzleramt, am Abend Beifall im vollbesetzten »Audimax« der Paderborner Universität. Da staunte und strahlte Joseph S. Blatter: »Zuletzt wurde ich in Deutschland immer nur ausgepfiffen.«

Der Präsident des Fußball-Weltverbandes (FIFA) ist eben ein umstrittener Mann. Aber jetzt, in Ostwestfalen, hatte er gleich zwei »Verteidiger« an seiner Seite. Den Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und den Sportwissenschaftler Wolf-Dietrich Brettschneider, der die Podiumsdiskussion moderierte. Thema: »Bedeutung sportlicher Großereignisse für Staat und Gesellschaft.«
Der Höhepunkt des Jahres 2006 wird am 9. Juni angepfiffen. Und Blatter ist davon überzeugt, dass die Deutschen glänzende Organisatoren und vortreffliche Gastgeber sein werden: »Wir erleben die beste und größte WM aller Zeiten.«
Vorschusslorbeeren vom Präsidenten, die den Minister natürlich freuten. Schäuble nahm diese Vorlage gern auf und spielte mit Blatter Doppelpass: »Wir sind vorbereitet. Der Fußball hat für die Integration der Kulturen einen hohen Wert. Diese WM ist für unser Land eine tolle Chance. Ich bin fest überzeugt: Wir müssen und werden sie nutzen.«
Davon geht auch Blatter aus, der die deutschen Organisatoren jetzt schon lobte: »Sie werden mit ihrer Gründlichkeit dafür sorgen, dass diese großen Tagen vorbildlich ablaufen werden.«
Allerdings: Mit dem Ticketverkauf des Gastgebers ist der Schweizer gar nicht einverstanden: »Aber es ist jetzt müßig, darüber zu reden.« Im hohen FIFA-Haus haben sie das aber schon getan. Blatter kündigte an: »Bei der WM 2010 in Südafrika werden wir diese Aufgabe selbst übernehmen.«
Aha - also noch ein Feld mit großem Geld, das der Weltverband bestellen möchte? Beim Thema Kommerzialisierung spielte Brettschneider, der Blatter ebenfalls viele »Vorlagen« gab, den einzigen Querpass: Was macht die FIFA mit den Einnahmen?
Der Präsident antwortete aber auch hier gern und sofort. 70 Prozent gehen laut Blatter an den Fußball zurück. Vor allem als Entwicklungshilfe für Kinder und Jugendliche in ärmere Länder.
Da war Schäuble mit seinem Diskussions-Partner gleich wieder auf Ballhöhe: »Die Weltmeisterschaft wird auch in Deutschland dafür sorgen, dass hier noch mehr Menschen aktiv Sport treiben. Und außerdem: Diese Turnier-Tage werden hoffentlich eine gute Zeit, in der die in diesem Lande sonst so beliebte Jammerbefindlichkeit endlich mal aufhört.«
Also: jubeln, nicht jammern. Das ist WM. In Paderborn wurde schon »angestoßen« - mit viel Beifall. Ja, es hätte ein so schöner Deutschland-Tag für Blatter werden können. Wenn nicht diese fiese Frage in der Pressekonferenz gestellt worden wäre: »Warum zahlt die FIFA in Deutschland keine Steuern?« Da verfinsterte sich die vorher freundliche Miene des Präsidenten. Aber er hatte ja Schäuble an seiner Seite: »Das gehört zu den Regeln einer WM-Bewerbung, an die müssen wir uns halten.« Das Paderborner Finale: ein Minister spielte den »Ausputzer«.

Artikel vom 16.05.2006