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Ostwestfale in der FIFA-Zentrale

Polizeidirektor Thomas Kubera geht als Verbindungsbeamter nach Berlin

Von Christian Althoff
Hövelhof (WB). Es ist der Höhepunkt seiner bisherigen Laufbahn: Polizeidirektor Thomas Kubera aus Hövelhof (Kreis Paderborn) zieht für die vier Wochen der Fußball-WM ins FIFA-Hauptquartier nach Berlin. Dort bildet er die Schaltstelle zwischen dem Weltfußballverband und den Länderpolizeien.

Seit 28 Jahren ist Thomas Kubera Polizist, die meiste Zeit in Ostwestfalen-Lippe. Er war unter anderem Dienstgruppenleiter in Paderborn, Lehrer an der Polizeischule Stukenbrock und Staatsschutz-Leiter in Bielefeld.
Die Wahl war auf den 44-jährigen Ostwestfalen gefallen, weil er als Experte für Sicherheitsfragen rund um den Sport gilt. In den vergangenen zwei Jahren hatte Kubera im Auftrag des nordrhein-westfälischen Innenministeriums eine Arbeitsgruppe geleitet, die taktische Einsatzkonzepte für die Fußballweltmeisterschaft und die entsprechende Fortbildung der Polizisten erarbeitet hatte. »Denn wenn es während der WM zu Gewalttaten kommen sollte, ist es mit der Festnahme der Täter nicht getan«, sagt der Polizeibeamte. Die Tatverdächtigen müssten zunächst durchsucht, erkennungsdienstlich behandelt und dann zu Gefangenensammelstellen gebracht werden. »Sie haben das Recht, Verwandte anzurufen, müssen verpflegt und einem Richter oder Staatsanwalt vorgestellt werden.« Alles dies erfordere einen hohen organisatorischen Aufwand, zumal sich die Polizei auf massenhafte Festnahmen vorbereiten müsse: »Auch wenn wir auf friedliche Spiele hoffen.« In die Planungen waren Erfahrungen aus zahlreichen Großeinsätzen wie Castor-Transporte und Demonstrationen eingeflossen, noch bis zum 24. Mai werden Polizeibehörden die Umsetzung trainieren.
Am 1. Juni wird Thomas Kubera sein Büro im Hotel »Intercontinental« in Berlin beziehen, das komplett von der FIFA gebucht worden ist. Von hier aus hält er Kontakt zu den Länderpolizeien, den Bereitschaftspolizeien, der WM-Projektgruppe der Innenministerkonferenz sowie zu der »Zentralen Informationsstelle Sport« (ZIS) in Neuss. »Als Verbindungsmann der Sicherheitsbehörden zu FIFA.« Nur einen anderen Polizisten wird es hier noch geben: Einen BKA-Beamten, der als Schaltstelle zwischen der FIFA und dem Bundeskriminalamt (BKA) fungiert.
Die Spiele werden in neun Bundesländern in zwölf Spielstätten ausgetragen. 3,2 Millionen Stadienbesucher werden erwartet, 135 Objekte sind zu schützen. Millionen Fans werden auf den etwa 400 öffentlichen Plätzen erwartet, wo die Spiele auf Großleinwänden gezeigt werden. Der Ostwestfale wird den FIFA-Verantwortlichen während der WM die Einsätze der Polizei erläutern und den Weltfußballverband beraten, wie er auf mögliche Zwischenfälle reagieren kann. »Denn schließlich ist vor den Sportstätten und auch innerhalb der Stadien zunächst einmal der von der FIFA beauftragte Sicherheitsdienst Securitas zuständig«, erklärt der Polizeidirektor. Erst wenn es zu Straftaten komme, sei die Polizei gefragt.
24 Stunden am Tag muss Thomas Kubera während der WM erreichbar sein. Deshalb wohnt er auch dort, wo er arbeitet - im »Intercontinental«. »Ich hoffe, dass die dort genug Fernseher aufstellen, damit ich von der Weltmeisterschaft auch etwas zu sehen bekomme«, schmunzelt der Schalke-Fan, der Chancen für Deutschland sieht, das Viertelfinale zu erreichen.
Eine Verschärfung der Sicherheitslage durch randalierende Fans nach einem möglichen frühen Ausscheiden der Deutschen fürchtet der Experte übrigens nicht: »Es treten viele Nationen an, die in Deutschland beliebt sind. Ich glaube, die Menschen werden sich ihre Begeisterung bis zum Endspiel erhalten - auch wenn wir nicht im Finale stehen.«

Artikel vom 16.05.2006