15.05.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Ein Magier
der Sprache«

Oskar Pastior erhält Büchner-Preis

Kopenhagen (dpa). Der deutsch-rumänische Lyriker Oskar Pastior (78) erhält den Georg-Büchner-Preis 2006. Das teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung gestern während ihrer Frühjahrstagung in Kopenhagen mit. Oskar Pastior ist der neue Büchner-Preisträger.
In der Begründung würdigte die Akademie den in Berlin lebenden Pastior als »methodischen Magier der Sprache«. Er habe ein Werk »von größter Radikalität und Formenvielfalt« geschaffen. Weiter hieß es: »Pastior erzeugt aus Buchstaben und Lauten, anmutig und witzig, immer neue poetische Welten.« Der mit 40 000 Euro dotierte Büchner-Preis gilt als bedeutendste deutsche Literaturauszeichnung. Er wird Pastior am 21. Oktober in Darmstadt überreicht.
Oskar Pastior hat seine Auszeichnung als »total überraschend« bezeichnet. Der Lyriker sagte: »Ich hab' erst mal ein paar Tränchen verdrückt und dann ganz banal Freude empfunden. Und dann gab es ein bisschen Champagner.«
Der eigenwillige Autor, der auch als Petrarca-Übersetzer Anerkennung fand, ist vor allem durch seine vom Dadaismus geprägte experimentelle Lyrik und Prosa, seine »Lautmalereien«, bekannt geworden. Dazu gehören auch so genannte Palindrome, also Wortfolgen, die vor- wie rückwärts gelesen Sinn ergeben, wie Sarg oder Reittier. Für seine Veröffentlichungen hat Pastior unter anderem 1997 den Horst-Bienek-Preis und zuletzt 2002 den Erich-Fried-Preis erhalten.
Der Schriftsteller und Übersetzer kam 1927 als Angehöriger der deutschen Minderheit im rumänischen Siebenbürgen zur Welt. Im Januar 1945 wurde er in die Sowjetunion deportiert und musste bis zu seiner Rückkehr vier Jahre später als Zwangsarbeiter in Lagern arbeiten. Nach seinem Germanistikstudium arbeitete er in den 60er Jahren beim deutschsprachigen Rundfunk in Bukarest. Er nutzte 1968 einen Studienaufenthalt in Wien zur Flucht und lebt seit 1969 in Berlin. Im gleichen Jahr gab er sein literarisches Debüt in Deutschland mit dem Band »Vom Sichersten ins Tausendste«.
Frühere Büchner-Preisträger waren etwa Gottfried Benn, Friedrich Dürrenmatt, Heinrich Böll, Erich Kästner, Günter Grass, Elfriede Jelinek, Friederike Mayröcker und Alexander Kluge. Die Auszeichnung ist nach dem deutschen Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner benannt, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb.

Artikel vom 15.05.2006