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Überschäumend feiert Bayern
den »ewigen« Meistertitel

Heute präsentiert der FC Chelsea London Michael Ballack als Neuzugang

München (dpa). Jubelstürme, Abschiedstränen, Torfestival: Am Tag der großen Gefühle feierte der »ewige Meister« FC Bayern München mit seinen Fans überschäumend den 20. Titelgewinn - nur die Pfiffe gegen Michael Ballack trübten das Bild der ausgelassenen Stimmung und der großen Harmonie.
»Da bin ich schon ein bisschen traurig drüber«, gab der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zu, der sich beim munteren 3:3 gegen Borussia Dortmund mit seinem insgesamt 75. Treffer aus der Bundesliga verabschiedete.
»Ich wollte Titel holen, das habe ich erreicht. Ich habe eine tolle Mannschaft gehabt, Super-Jungs, eine Super-Moral in der Truppe. Deswegen bleiben viele positive Dinge hängen«, resümierte Ballack, der zum FC Chelsea wechselt und dort heute vorgestellt wird. »Ich hatte vier wunderschöne Jahre bei Bayern, jetzt suche ich etwas Neues«, sagte Ballack, der für vier Jahre in London nicht nur mehr verdienen wird, sondern auch noch die Champions League gewinnen will: »Es ist einfach reizvoll, eine Herausforderung.«
Die heisere Stimme des Mittelfeldstars verriet, dass der letzte Arbeitstag beim erneuten Double-Gewinner auch für Ballack insgesamt ein wunderschöner war. Erst feierten 69 000 Zuschauer ihre Lieblinge im rot-weißen Konfettiregen nach der Übergabe der Meisterschale, dann säumten Tausende die Straßen beim Auto-Corso in die Innenstadt, wo über 20 000 Anhänger das Team um Kapitän Oliver Kahn auf dem Marienplatz hoch leben ließen. »Wir haben mit Euch zusammen erneut diese zwei Titel gewonnen«, rief Kahn den Fans beim Dankeschön für die »überragende Unterstützung« in der WM-Saison zu. Auch seinem Team machte der Nationaltorhüter ein großes Kompliment: »Was diese Jungs erreicht haben, ist absolute Weltklasse.«
Der 34. Spieltag bedeutete zugleich eine Zäsur für Deutschlands Top-Club. Nicht nur Ballack trat ab, sondern in Jens Jeremies und Bixente Lizarazu auch zwei Helden des Champions-League-Triumphes von 2001. »Ein unglaublicher Tag, eine unglaubliche Zeit, ein unglaublicher Abschluss«, stammelte Ex-Nationalspieler Jeremies, der sich ebenso wie Lizarazu in den Ruhestand wechselt.
Beiden gönnte Trainer Felix Magath einen letzten Einsatz in der Startformation, nach den Treffern von Roy Makaay (6.), Bastian Schweinsteiger (48.) und Ballack (50.) durften sie noch dreimal den Torjubel auf dem Spielfeld ausleben. Dass die junger Dortmunder Mannschaft beim Schaulaufen des Meisters nicht nur Spalier stand, sondern durch den herausragenden Kopfball-Riesen Jan Koller (2./75.) und Philipp Degen (64.) selbst einen 1:3-Rückstand aufholte, war nur ein kleiner Schönheitsfehler. »3:3 - das war doch für die Zuschauer nochmal ein ordentliches Fußballfest«, meinte Ballack.
Die Zukunft planen die Bayern ohne teuren Ersatz im Mittelfeld, aber mit dem Kölner Lukas Podolski im Sturm und dem Hamburger Daniel van Buyten als Führungspersönlichkeit in der Abwehr. Beide Personalien werden jetzt forciert. Als Ballack-Nachfolger durfte gegen Dortmund erstmals der im Winter für über zwei Millionen Euro geholte Julio dos Santos spielen. »Man hat gesehen, dass er kicken kann«, lobte Manager Uli Hoeneß den Nationalspieler Paraguays.
Einen schmerzhaften Abschied müssen auch die Dortmunder verdauen, die als Tabellensiebte das internationale Geschäft knapp verpassten. Minutenlang feierten die 6000 mitgereisten BVB-Fans Jan Koller, der sich nach seinem Kreuzbandriss in Top-Form präsentierte. Ein Doppelpack gelang dem Tschechen im Abschiedsspiel. Der 33-jähriger Koller blickte aber nicht wehmütig zurück, sondern optimistisch nach vorne: »Diese beiden Tore geben mir für die WM einen Riesenschub.«

Artikel vom 15.05.2006