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Synagoge soll
Kirche ersetzen

Streit um Verkauf an jüdische Gemeinde

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Der anstehende Verkauf von Kirchen führt derzeit in Ostwestfalen-Lippe zu heftigen Debatten, wie zum Beispiel in Bielefeld und Gütersloh.

Nachdem die Martini-Kirche in Bielefeld bereits verkauft und in ein Restaurant umgewandelt worden ist, stößt der Verkauf der Paul-Gerhardt-Kirche auf erheblichen Widerstand. Geplant sind die Veräußerung an die jüdische Gemeinde und Umwandlung in eine Synagoge. Eine dritte Kirche, die Georgenkirche steht leer. Sie soll abgerissen werden. Auf dem Grundstück soll ein Seniorenheim entstehen.
In Bielefeld-Senne will die evangelische Kirchengemeinde die leerstehende Lutherkirche wieder nutzen. Zur Rettung der Lutherkirche soll ein Gemeindehaus verkauft werden. Die Kirche soll als Gottesdienststätte und Gemeindehaus genutzt werden. Im jetzigen Gemeindehaus sind Altenwohnungen geplant.
In Gütersloh sollen drei Kirchen verkauft werden. In der Diskussion sind die Evangeliumskirche, die Jakobuskirche und die Trinitatiskirche. In Espelkamp (Kreis Minden-Lübbecke) steht nach wie vor die Martinskirche zum Verkauf. In Warburg-Scherfede (Kreis Höxter) soll eine evangelische Kapelle an einen Privatmann verkauft werden. Er will die Kapelle als Wohnhaus nutzen.
Gemeindehäuser wurden und werden in Lübbecke, Espelkamp-Frotheim, Stemwede-Dielingen (alle Kreis Minden-Lübbecke) und in Versmold (Kreis Gütersloh) verkauft.
Die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland hat unterdessen erklärt, dass in den kommenden Jahre einigen tausend Kirchengebäuden Schließung und Abriss drohten. Diese Tatsache werde in der Regel bis zur endgültigen Entscheidung der Kirchenleitungen verdrängt, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes Westfalen, Dr. Manfred Keller (Bochum) dieser Zeitung.
Kirchen besäßen einen Symbolwert als Orte der Begegnung mit Gott und einen Identifikationswert als Bestandteil der Geschichte des einzelnen Menschen sowie der Geschichte menschlicher Gemeinschaften. Kirchengebäude seien kulturelles Allgemeingut und öffentliches Erbe. Deshalb sollten sie nicht geschlossen oder entwidmet, sondern geöffnet und in finanziellen Notsituationen einer erweiterten Nutzung zugeführt werden.
Der Landesverband Westfalen berät Kirchengemeinden in Sachen Kirchenschließung. Keller: »Es müssen rechtzeitig Alternativen zur endgültigen Aufgabe der Kirchengemeinde entwickelt werden.« Kirchen könnten auch Funktionen eines Gemeindehauses erfüllen und darüber hinaus für kirchenfremde Nutzungen wie Bürgerversammlungen, Vorträge oder Konzerte offen stehen.

Artikel vom 13.05.2006