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SPD kündigt klare Ansagen an

Ministerpräsident Beck wird am Sonntag zu neuen Parteichef gewählt

Berlin (dpa). Die Spannungen in der großen Koalition wegen des Reformtempos sowie die Steuerdebatte werden voraussichtlich den SPD-Sonderparteitag an diesem Sonntag überlagern.
Will Standortbestimmung vornehmen: Kurt Beck.

In seiner Rede vor seiner Wahl zum elften SPD-Chef nach dem Krieg will der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck eine Standortbestimmung zur Rolle der SPD im Bündnis mit der Union vornehmen. Dabei will Beck auch den Vorwurf von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nachdrücklich zurückweisen, die SPD verhalte sich bei den geplanten Reformen »nicht sehr entscheidungsfreudig«. Diese Schuldzuweisung Merkels an die Adresse des Koalitionspartners hat in der SPD Unmut und Empörung ausgelöst.
Vor diesem Hintergrund ist noch unklar, ob die SPD in der Kontroverse um die geplante Unternehmenssteuerreform ihre Haltung verschärft. Generalsekretär Hubertus Heil kündigte am Freitag dazu »klare Ansagen« der SPD an. Nach dem Willen der SPD-Linken sollen die 525 Delegierten beschließen, dass die steuerliche Entlastung der Unternehmen auf jeden Fall »aufkommensneutral« finanziert werden müsse.
Gefordert wird zudem eine stärkere Belastung großer Erbschaften. Ob dazu ein eigener Antrag zur Abstimmung gestellt wird, ist aber noch offen. Bei den Gremiensitzungen an diesem Samstag will die Parteispitze versuchen, den Konflikt zu entschärfen. Im Leitantrag des Vorstandes für den Parteitag reklamiert die SPD für sich die Rolle des »Garanten der sozialen Gerechtigkeit« im Bündnis mit der Union.
Beck kann bei seiner Wahl mit einem klaren Vertrauensbeweis rechnen. In der Partei wird von einer Zustimmung von mehr als 95 Prozent für den 57-Jährigen ausgegangen. Der neue Vorsitzende werde die SPD »für viele Jahre nach vorne bringen«, zeigte sich Heil überzeugt.
Zum neuen Partei-Vize soll auf dem fünfstündigen Kongress in einem Berliner Hotel der neue Finanzminister aus Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, gewählt werden. Sprechen wird auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, der vor vier Wochen aus gesundheitlichen Gründen nach 146 Tagen vom Vorsitz zurückgetreten war.
Regierungssprecher Thomas Steg hat unterdessen am Freitag erklärt, die Handlungsfähigkeit der Koalitionsregierung aus Union und SPD habe auch unter der jüngsten gegenseitigen Kritik der Koalitionsparteien nicht gelitten. »Die Kanzlerin ist ganz fest davon überzeugt, dass die Koalition zielstrebig und konsequent ihr Arbeitsprogramm in den nächsten Wochen abarbeiten wird«, sagte Steg in Berlin. Daran änderten die in den letzten Tagen aufgekommenen Diskussionen und kritischen Äußerungen zwischen den Parteien nichts. Die Handlungsfähigkeit der Koalition habe nicht gelitten.
Zu einer Äußerung von Angela Merkel auf einer CDU-Veranstaltung, in der sie dem Koalitionspartner mangelnde Entscheidungsfreude vorgeworfen hatte, sagte Steg, er persönlich habe nicht den Eindruck, dass es in der Regierungsarbeit bislang irgendeinem oder einer Seite an Entscheidungsfähig- und Entscheidungsfreudigkeit gefehlt habe. Steg verwies darauf, dass sich an den Absprachen der Koalition, wie sie bei der Koalitionsklausur Anfang des Jahres getroffen worden seien, nichts geändert habe.
Die Koalition sei weiterhin willens und in der Lage, schnelle Entscheidungen zu treffen. Der Sprecher bemängelte, einzelne kritische Äußerungen von Regierungsmitgliedern über den Koalitionspartner oder über einzelne Regierungsvorhaben würden derzeit oft überinterpretiert und aufgebauscht. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 13.05.2006