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Samuel Johnson

»Die Sprache ist die Kleidung unserer Gedanken.«

Leitartikel
Sprache - der Schlüssel

Lesen macht
das Leben
reicher


Von Rolf Dressler
Josef Kraus ist ein Mann des erfrischend klaren Wortes und der gehaltvollen Rede. Deshalb verstehen ihn, den praxiserfahrenen Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, all diejenigen mühelos, die ihn auf seinen Gedankenwegen gern begleiten.
Namentlich in der deutschen Literatur ist Josef Kraus besonders bewandert. Und er liebt und lebt er seine Muttersprache, möchte seinen Schülern die Freude vermitteln, die er selbst schon von jeher an kunstvoll Geschriebenem und erbaulich Gedichtetem empfindet.
Völlig anders hingegen nimmt sich die Welt zum Beispiel des Grünen-Linksaußen Hans-Christian Ströbele und seiner Gesinnungsgenossen aus. Nicht von ungefähr platzte gerade der einstige Baader/Meinhof-Sympathisant und heutige Kreuzberger Multikulti-Propagandist mit einer umwerfend famosen Idee heraus: Besser jetzt als gleich möchte Ströbele die deutsche Nationalhymne landauf, landab auch in Türkisch gesungen hören.
Nie und nimmer aber würden Laut-Sprecher wie der schillernde Ströbele das ohnehin schon so markant durchfurchte Gesicht noch extra in Falten legen und sich - ausgerechnet! - für die sorgsame Hege und Pflege der deutschen Sprache in die Bresche werfen. Dazu haben die Ströbeles das Misstrauen gegen die unberechenbaren Deutschen und alles Deutsche schlechthin zu tief verinnerlicht. Ihnen und ihren Polit-Freunden im Geiste scheint insgeheim jeder verdächtig, der sein Heimatland und seine Muttersprache hoch schätzt und dies auch noch ganz unbefangen öffentlich zum Ausdruck bringt.
Insbesondere mit Blick auf die Zuwanderungs- und Integrationsproblematik wird - leider zu Recht - mehr denn je Klage geführt über die nun schon soundsovielte deutsche Bildungs- und Schulkatastrophe. Deren nachweisliche Verursacher, die selbsternannten Reformierer der Reform der Reform der Reform von gestern und vorgestern, sind wohlweislich abgetaucht, oft (sehr) früh pensioniert und bestens versorgt wie kaum eine andere Generation zu- vor. Nur selten, wenn keinerlei Rechtfertigungsgefahr im Verzuge ist - etwa bei Klagelied-Veranstaltungen zum »Pisa«-Desaster oder zur mangelnden Qualifikation vieler Schulabgänger -, wagt sich einmal ein Soziologe, Pädagoge oder Ex-Professor hervor.
Oder ein Alt- und Ewigkeits-Linker von der einst so reform-strammen GEW, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, gibt angestrengt ernst zu bedenken, wie erschreckend tief »wir« im deutschen Bildungs- und Schulniveau doch gesunken seien; und dass deshalb mehr denn je »stützende Staatsinitiativen und Förderprojekte gefordert« seien, vor allem auch um junge Menschen in Ausbildung zu bringen.
Das alles läuft, wohlgemerkt, auch noch fast 40 Jahre nach dem ersten dröhnenden Bildungs»reform«-Aufbruch der legendären »68er« Revoluzzer.
Maßgeblich durch sie kam vieles ins Hintertreffen. Nicht zuletzt auch der Deutsch-Unterricht.
Übrigens, wer behauptet, unsere Muttersprache sei weniger reich und wohlklingend als andere, dem kann abgeholfen werden. Er braucht nur zu lesen, zu lesen, zu lesen. Genuss wird garantiert.

Artikel vom 17.05.2006