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Eine Frau mit klarem Urteil

Désirée Nosbusch im Shakespeare-Stück


Recklinghausen (dpa). Heiterkeit und Nachdenklichkeit, gemischt mit deutlichen Anleihen an die italienische »Commedia dell arte«. Dies ist das Regiekonzept, mit dem Festivalleiter Frank Hoffmann am Mittwochabend das Premierenpublikum im Großen Haus der Ruhrfestspiele bei Shakespeares »Der Widerspenstigen Zähmung« zu begeistern wusste. Für die Rolle der Widerspenstigen hatte er mit Désirée Nosbusch zudem einen zugkräftigen Namen gewinnen können.
Die Männer sind in Hoffmans origineller Regie Karikaturen durch und durch. Zwei Figuren sind ihm besonders gelungen: Der eitle Pfau erinnert an einen magersüchtigen Modeschöpfer, der gern mit einer dunklen Brille auftritt; der orientierungslose Vater Katherinas sieht aus wie ein italienischer Politiker, der gerade ein hohes Amt verloren hat.
In Frank Hoffmanns Inszenierung ist Katherina eine nicht mehr ganz junge Frau, die mit klarem Urteil Männer kritisiert. Entsprechend spielt Désirée Nosbusch: Inmitten zweidimensionaler Herren der Schöpfung gibt sie die einzige plastische Figur, spielt psychologisch einfühlsam - und eckt natürlich an.
Die Handlung ist in unsere Tage verschoben - Hoffmann und sein Ensemble halten unsere Gegenwart für geprägt von männlichen Imperativen. So verwandelt der Regisseur Shakespeares Lustspiel in eine gesellschaftskritische Satire - eine geistreiche Neudeutung.

Artikel vom 12.05.2006