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»Für Natur und Umweltschutzbegeistern«

Dr. Godehard Franzen im Erzählcafé

Brackwede (sk). »Es waren minus 20 Grad, als meine Frau und ich mit Hunderten von Demonstranten die Mutlangener Kaserne blockiert haben. Wir waren so durchgefroren, dass wir nur noch gehofft haben, die Polizei möge uns bald räumen.«, erzählt Dr. Godehard Franzen und schmunzelt.

Der promovierte Physiker und ehemalige SPD-Stadtratsabgeordnete war jetzt zu Gast im Erzählcafé. Der Protest gegen den Nato- Doppelbeschluss Anfang der achtziger Jahre in Mutlangen ist eine Wegmarke seiner Biografie, die gezeichnet ist durch pazifistisches und ökologisches Engagement.
1944 geboren, verbringt Franzen die ersten drei Jahre seines Lebens im oberfränkischen Schwarzenstein. Zusammen mit seinen Eltern und den zwei Brüdern lebt er in einem Behelfsheim. »Wir teilten uns zu fünft ein Zimmer ohne Wasser und Strom.« Über Umwege verschlägt es die Familie nach Essen, wo der Vater, Physiker von Beruf, als Aushilfslehrer arbeitet. 1950 wird Franzen eingeschult und kommt im Rechenunterricht zum ersten Mal mit dem in Berührung, was ihn ein Leben lang faszinieren wird - mit der Welt der Mathematik.
Eine Leidenschaft, die er mit seinem Vater teilt. Dieser findet 1951, nachdem er jahrelang die Familie mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten hat, eine Anstellung als Ingenieur. Zur Feier kauft die Familie ein Radio: »Ein gigantisches Erlebnis«.
Zeitsprung: Nach bestandenem Abitur immatrikuliert er sich an der Universität Freiburg in Physik und Mathematik. Hier lernt der erfolgsverwöhnte Franzen den Unterschied zwischen schulischer und universitärer Mathematik kennen. »Die ersten Wochen waren heftig.« 1968 heiratet Franzen seine Freundin Christel. Die Ideen der aufkommenden Studentenbewegung begeistern die beiden. Mit seiner Frau teilt er sich die Zeit für die Betreuung der Kinder. »Tagsüber habe ich Windeln gewechselt, nachts über physikalischen Formeln gebrütet«, sagt der Akademiker. 1971 promoviert er an der Universität Bonn, von dort zieht es ihn mit seiner Familie schließlich nach Bielefeld.
1973 beginnt er in der Leineweber-Stadt seine Tätigkeit als Studienprofessor an dem noch neuen Oberstufenkolleg. Hier kann er viele der Reformideen der Studentenbewegung umsetzen und Lehrinhalte mitgestalten. Aus dem Interesse an ökologischen Fragen resultiert sein Entschluss, in die Politik zu gehen. 1989 tritt er in die SPD ein, fünf Jahre später wird er in den Stadtrat gewählt. Dort setzt er sich für den Erhalt der Bielefelder Grünflächen ein.
»Diese werden bei der Stadtentwicklung oft nicht berücksichtigt«, kritisiert er. Zudem macht er sich für den öffentlichen Nahverkehr stark. So war er an der Einführung des Verbundtickets beteiligt und saß im Aufsichtsrat der moBiel GmbH. 2004 bewirbt er sich innerhalb der SPD um die Kandidatur für das Oberbürgermeisteramt, scheitert aber an Widerständen in der eigenen Partei. Er entschließt sich zum Rückzug aus der Politik. Heute ist Godehard Franzen ehrenamtlicher Vorsitzender der Fördervereins Naturkundemuseum: »Das Namu ist eine Möglichkeit, Kinder und Jugendliche für Natur- und Umweltschutz zu begeistern.«

Artikel vom 13.05.2006