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Hallen aus Holz
oft mangelhaft

TÜV Süd: erhebliches Qualitätsproblem

München (dpa). Der TÜV Süd kennt die Ursache für den verheerenden Halleneinsturz von Bad Reichenhall.
Die Halle in Bad Reichenhall nach dem Zusammenbruch.

»Wir werden unser Gutachten Ende Mai oder Anfang Juni der Staatsanwaltschaft übergeben«, sagte der Bautechnik-Experte des TÜV Süd, Herbert Gottschalk. Eine Auskunft über die Unglücksursache zum jetzigen Zeitpunkt lehnte er ab.
Die Veröffentlichung behielten sich die Ermittlungsbehörden vor, bat Gottschalk um Verständnis. Beim Einsturz der Eissporthalle waren am 2. Januar 15 überwiegend junge Menschen ums Leben gekommen.
Ohne konkret auf die Umstände des Unglücks in Bad Reichenhall einzugehen, wies Gottschalk aber auf das besondere Problem der Wärmestrahlung in Eissporthallen hin. Deren Dächer geben Wärme durch Strahlung ab, vergleichbar wie Wärme von der Sonne zur Erde kommt. »Dadurch erwärmt sich die Eisfläche und die Dachfläche kühlt ab«, erläuterte Gottschalk die Problematik. Die Folge könne Tauwasser an der Deckenfläche sein, das Alterungsprozesse am Holz auslöst. Gottschalk sprach in dem Zusammenhang von so genannten Schwindrissen.
Seit dem Unglück hat der TÜV Süd mehr als 200 Hallen im gesamten Bundesgebiet untersucht. Mehr als die Hälfte davon weisen nach TÜV-Angaben Mängel auf. Ursache dafür ist aber nach Expertenmeinung nicht die hohe Schneelast des vergangenen Winters, sondern Defizite bei Planung, Bau und Betrieb.
Der TÜV Süd stellte gestern in München ein zweistufiges Sicherheitskonzept vor, das neben einer umfassenden Bestandsaufnahme aller 40 000 Hallen in Deutschland ein Betriebshandbuch für Wartung und Instandhaltung der Gebäude vorsieht.
»Wir können eine zunehmende Häufung von schweren Schäden bei Hallen und Gebäuden beobachten«, fasste Manfred Bayerlein, Geschäftsführer der TÜV Süd Industrie Service GmbH, das Ergebnis zusammen. Der Schnee im Winter 2005/2006 sei nur der Auslöser für die Einstürze gewesen, die wirklichen Ursachen reichten wesentlich tiefer. Sie beträfen sowohl Konstruktionsfehler als auch Mängel bei Material, Ausführung sowie Wartung und Instandhaltung.
Besonders gefährdet sind Hallen aus Holz. So gingen bei Holzgebäuden 24 Prozent der Einstürze auf Konstruktionsfehler zurück, 29 Prozent auf Mängel bei Material und Ausführung sowie 37 Prozent auf Probleme in Betrieb und Instandhaltung.
Holz sei zwar kein schlechterer Werkstoff als Stahl oder Beton, betonte der TÜV-Süd-Bautechnik-Experte Herbert Gottschalk. »Aber Holz wird häufig bei kleineren Hallen eingesetzt, die mit wesentlich geringerem Planungs- und Berechnungsaufwand als größere Projekte umgesetzt werden.«

Artikel vom 12.05.2006