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Es sprudelt in der Staatskasse

Steuerschätzer rechnen mit Mehreinnahmen von 8,1 Milliarden Euro

Berlin (dpa). Die anziehende Konjunktur und sprudelnde Unternehmensgewinne füllen die Staatskassen stärker als zuletzt angenommen: Bund, Länder und Gemeinden können in diesem Jahr mit Steuermehreinnahmen von 8,1 Milliarden Euro gegenüber der letzten Prognose im vergangenen November rechnen.

Das gab der Arbeitskreis Steuerschätzung gestern bekannt. Für 2007 und die Folgejahre fallen die Mehreinnahmen vor allem auf Grund der geplanten Mehrwert-steueranhebung deutlich höher aus. Dadurch kann der Staat bis 2009 mit einem Plus von insgesamt 70,2 Milliarden Euro rechnen. Die positiven Zahlen, die nochmals besser ausfielen, als vor der Schätzung angenommen, haben die Debatte um die umstrittene Mehrwertsteuererhöhung neu entfacht.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) kann allerdings kaum mit einem deutlichen Plus rechnen. Denn der Großteil der für dieses Jahr in Aussicht gestellten Steuermehreinnahmen ist bereits in seinen Haushaltsplanungen berücksichtigt. Dadurch verbleiben für den Bund gegenüber der bisherigen Etatplanung nur echte Mehreinnahmen von 700 Millionen Euro. Auch im nächsten Jahr bleibt das Plus eher gering.
Auch vor diesem Hintergrund hatte Steinbrück vor neuen Begehrlichkeiten gewarnt und mehrfach Forderungen zurückgewiesen, die für 2007 geplante Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent auszusetzen oder zu verringern. Die Milliardeneinnahmen seien zur Sanierung der maroden Staatsfinanzen dringend nötig.
Steffen Kampeter (Minden), haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte, das Steuerplus könne die Haushaltsrisiken etwa am Arbeitsmarkt sowie bei den Sozialkassen nicht beseitigen. »Wir müssen über weiteres Sparen nachdenken.«
Auch die Länderfinanzminister haben die Einnahmen für ihre Haushalte bereits verbucht, aus Sicht der Kommunen kann keine Entwarnung gegeben werden. Der Schuldenberg der öffentlichen Haushalte ist auf mehr als 1,5 Billionen Euro geklettert. Ein Teil der Mehreinnahmen soll zudem zur Senkung der Lohnnebenkosten genutzt werden.
In diesem Jahr rechnen die Steuerschätzer mit Gesamteinnahmen des Staates von 465,5 Milliarden Euro gegenüber der Novemberschätzung von 457,4 Milliarden Euro. Von dem Plus profitiert der Bund mit 3,1 Milliarden Euro. Davon sind aber 2,4 Milliarden bereits im Budget für 2006 verbucht. Steinbrück hatte bereits im Januar mit einer internen Schätzung die Prognosen nach oben korrigiert und diese für seine Etat- und mittelfristige Finanzplanung zu Grunde gelegt.
Mit der Mai-Schätzung ermitteln die Experten von Bund, Ländern, Gemeinden, Wirtschaftsforschungsinstituten, Wirtschaftsweisen, Bundesbank und Statistikamt die erwarteten Einnahmen für einen Fünf-Jahres-Zeitraum. Für die Länderhaushalte sagen sie 2006 ein Plus von 3,4 Milliarden voraus und für die Kommunen von 2,2 Milliarden Euro. Abführungen an die EU-Kassen fallen um 700 Millionen geringer aus.
Für 2007 könnten die Mehreinnahmen für den Staat auf Grund der Mehrwertsteuererhöhung um 22,3 Milliarden Euro über den im Mai 2005 geschätzten 471,7 Milliarden Euro liegen. Davon entfallen 13,3 Milliarden auf den Bund, 7,2 Milliarden auf die Länder sowie 1,9 Milliarden auf die Gemeinden. 2008 wird ein Plus von 19,6 Milliarden erwartet, wobei erneut das Gros an den Bund fließt. Davon wird aber ein Teil zur Senkung der Lohnnebenkosten genutzt. Für 2009 werden die Zusatzeinnahmen auf insgesamt 20,2 Milliarden Euro geschätzt.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach gestern von einem »erfreulichen Signal«. Es könne aber noch keine Entwarnung für die Kommunen gegeben werden. Trotz steigender Steuereinnahmen erwarteten die Kommunen 2006 ein Defizit von 4,5 Milliarden Euro.

Artikel vom 12.05.2006