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Brehmes bitterer Tränen-Tag

Vor zehn Jahren stand Kaiserslautern schon mal in einem Abstiegs-Finale

Kaiserslautern (dpa). Das Bild ist unvergessen und fehlte vor zehn Jahren in keinem Bundesliga-Rückblick: Andreas Brehme legt vor laufenden Fernsehkameras den Kopf an die Schulter seines Freundes Rudi Völler und weint bitterlich.Er war damals dabei: Claus-Dieter Wollitz.
Minuten zuvor an jenem 18. Mai 1996 ist das Bundesliga-Gründungsmitglied 1. FC Kaiserslautern nach einem 1:1 im Abstiegs-Endspiel bei Bayer Leverkusen erstmals nach 33 Jahren aus der Eliteliga abgestiegen. Der mit den Namen der Fußball-Weltmeister Fritz und Ottmar Walter sowie Horst Eckel eng verbundene Traditionsclub steht vor einer ungewissen Zukunft.
Der Niedergeschlagenheit in der Pfalz folgte beim FCK der Treueschwur einer immer noch erstklassig besetzten Mannschaft. Eine Woche nach dem Abstieg wird der FCK Pokalsieger und ein Jahr später gelingt der direkte Wiederaufstieg unter Trainer Otto Rehhagel. Die unglaubliche Geschichte aber geht noch weiter: Im letzten Heimspiel der Bundesliga-Saison 1997/98 gewinnt Lautern gegen den VfL Wolfsburg mit 4:0 und wird als Aufsteiger auf Anhieb deutscher Fußball-Meister.
Fast auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Abstieg droht den Pfälzern am Samstag im Endspiel in Wolfsburg erneut der Sturz in die Zweitklassigkeit. Wieder müssen die »Roten Teufel« das letzte Spiel gewinnen, während dem Gegner ein Unentschieden reicht. Ex-FCK-Coach Eckhard Krautzun, vor zehn Jahren auf der Trainerbank der Pfälzer, rechnet nicht damit. »An einen Sieg in Wolfsburg kann ich nicht glauben«, sagte der Weltenbummler nach dem 1:1 des FCK gegen den FC Bayern München am vergangenen Samstag.
Auch Brehme, der sich später seiner Tränen in der Öffentlichkeit schämte, wird morgen mit dem FCK fiebern. »Ich wünsche mir, dass sie es schaffen«, sagt der 86-malige Nationalspieler, der im Vorfeld der Begegnung nicht über den Abstiegsgipfel reden will. Dafür äußert sich Brehmes damaliger Mannschaftskollege Claus-Dieter Wollitz, der für beide Vereine aktiv war. »Es ist toll, was in Lautern mit den jungen Spielern passiert. Ich glaube aber, dass Wolfsburg am Ende die Klasse hält«, sagt der aus Brakel stammende Trainer des VfL Osnabrück.
Kontakte in die Pfalz hat der 40-Jährige kaum noch. Doch nicht nur deshalb drückt Wollitz am Samstag dem VfL Wolfsburg die Daumen. »Zum einen hatte ich in Wolfsburg mit dem Einzug ins Pokalfinale eine tolle Zeit. Zum anderen hat es mich in Kaiserslautern damals genervt, dass so viele ehemalige Spieler und Verantwortliche versucht haben, reinzureden«, erklärt der frühere Mittelfeldspieler. »Pele« verließ damals die Pfälzer nach dem Abstieg als einer der wenigen Stammspieler und wechselte zum KFC Uerdingen. Auch der 1. FC Köln gehörte zu den Stationen des Ostwestfalen.
Wie die Zukunft des Kultclubs aus der Pfalz nach einem Abstieg am Samstag aussehen könnte, darüber mag derzeit in Kaiserslautern noch niemand sprechen. Die Anhänger hoffen einfach nur, dass es in Wolfsburg nicht so dramatisch endet wie vor zehn Jahren. Damals rettete Markus Münch Bayer Leverkusen mit seinem Treffer erst wenige Minuten vor Schluss. Da hatte sich der FCK fast schon am Ziel gewähnt.

Artikel vom 12.05.2006