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Tötete Postbote Schäferhündin?

»Koko« zu Tode geschleift - Bielefelder spenden für neuen Welpen

Von Christian Althoff
Lemgo (WB). Die Schäferhündin, die in der vergangenen Woche in Lemgo absichtlich mit einem Auto zu Tode geschleift worden war, ist nach Angaben der Besitzer möglicherweise das Opfer eines hundehassenden Briefträgers geworden. Die Polizei will sich derzeit nicht zur Identität des Täters äußern.
Merve (9) zeigt traurig die verwaiste Leine der getöteten Hündin »Koko«, Meryem (12) ist dankbar für den Scheck, mit dem ein Bielefelder Ehepaar den Kauf eines neuen Welpen unterstützt. Fotos: Althoff
Wie berichtet, hatten Zeugen am 4. Mai einen Mann beobachtet, der mit seinem Wagen samt Anhänger durch Lemgo fuhr. An der Deichsel war eine weiße türkische Schäferhündin angebunden, die neben dem Auto herlief, aber immer wieder ans Hinterrad stieß. Nach Protesten von Augenzeugen hatte der Mann erklärt, der Hund könne ruhig mitlaufen. Dann hatte er Gas gegeben. Spaziergänger hatten das geschundene Tier später tot in einem Gebüsch entdeckt.
Die wertvolle Hündin hieß »Koko« und gehörte den Geschwistern Merve (9) und Meryem (12). Deren aus der Türkei stammende Vater Murtaza C. hatte »Koko« vor zwei Jahren als Welpen bei einem Züchter in seiner Heimat gekauft. »Meine Mitschülerinnen haben geweint, als sie von Kokos Tod erfahren haben«, erzählt Meryem, die die 7. Klasse des Engelbert-Kämpfer-Gymnasiums besucht. Die Jungen hätten »Detektiv-Teams« gebildet und sich nach der Schule auf die Suche nach dem Auto Fahrer gemacht.
Die Polizei hatte den Fahrer zwar aufgrund von Zeugenaussagen ermitteln können, gab bisher aber nur bekannt, dass der Mann aus Lemgo stamme. Murtaza C.: »Inzwischen ist uns allerdings zugetragen worden, dass es sich um einen Briefträger handeln soll, der jedoch nicht für unseren Bezirk zuständig ist.« Möglicherweise sei der Mann ja auf der Suche nach einem Hund umhergefahren und habe die zutrauliche »Koko« zufällig entdeckt. »Vielleicht ist er ja auch mal von einem Hund gebissen worden?«, fragt Meryem, die der Tod der Hündin schwer belastet.
Zwischen 2000 und 3000 Postboten werden jedes Jahr in Deutschland gebissen. Warum das so ist, erklärt Hundeexperte Alfred Maciejewski aus Hövelhof, der jahrzehntelang die Polizeihundeführerschule in Schloß Holte-Stukenbrock geleitet hatte: »Briefträger sind oft in Eile. Deshalb betreten sie Grundstücke forsch und ohne zu zögern. Dieses selbstbewusste Auftreten löst bei vielen Hunden den natürlichen Mechanismus aus, den Heimbezirk gegen den Eindringling zu verteidigen - notfalls durch einen Angriff.«
Der Vater der Mädchen hat inzwischen bei dem türkischen Züchter einen neuen Welpen bestellt, den er im Juli abholen will. »Der ist zwar sehr teuer, aber ich musste irgendetwas tun, um meine Kinder aus ihrer Trauer herauszuholen«, sagt der Elektroinstallateur. Hilfe dafür kam aus Bielefeld: Die WESTFALEN-BLATT-Leser Annette und Horst Willeweit spendeten den Mädchen spontan 100 Euro für einen neuen Hund, nachdem sie von »Kokos« Schicksal gelesen hatten. »Ich bin mit Hunden groß geworden und erfreue mich noch heute jeden Tag an meiner Labrador-Hündin Emma. Solche Tiere sind echte Familienmitglieder«, sagte der 55-jährige Spender.
Die Polizei hat den Autofahrer für den 23. Mai zur Vernehmung vorgeladen.

Artikel vom 12.05.2006