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Mit den Sperbern auf Höhenflug

WM-Paten (Folge 26): Awal Samari-Moukaila träumt von Togo-Toren

Von Dirk Schuster
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). »Die Togolesen spielen, um Spaß zu haben. Die Deutschen spielen wegen des Geldes. Das«, sagt Awal Samari-Moukaila, »ist der große Unterschied zwischen Fußball in Togo und Fußball in Deutschland.« Seit 1994 lebt er im Land des WM-Gastgebers. Der Bielefelder zählt die Tage, bis endlich der Turnierball rollt.

Das WM-Fieber hat den 36-Jährigen längst gepackt. Die DVD mit dem Video und dem Turnier-Hit der Band »Toofan« läuft bei ihm zu Hause den ganzen Tag: »Allez les Eperviers« - auf geht's ihr Sperber. Der Greifvogel ist Togos Wappentier. Von der Fortsetzung ihres Qualifikations-Höhenflugs wagt Samari-Moukaila kaum zu träumen. Doch um den sportlichen Erfolg gehe es den Fans auch gar nicht. Jedenfalls nicht vordergründig. »Uns kann ruhig jeder schlagen. Aber wir müssen allen zeigen, dass wir uns nicht zufällig für die Weltmeisterschaft qualifiziert haben. Hauptsache, wir gehen mit Herz ins Stadion.«
Bleibt Togos erste WM-Teilnahme eine Eintagsfliege? Das kann Samari-Moukaila nicht beantworten. Es sei eine riesige Überraschung, dass sich sein kleines Land überhaupt qualifiziert hat. Die Togolosen sind stolz auf ihr Team. Der Erfolg der Sperber hilft ihnen, mit den Problemen in ihrem vor allem durch Menschenrechtsverletzungen in den Fokus der Öffentlichkeit geratenen Land besser fertig zu werden. »Was Deutschland erlebt hat, erlebt Togo jetzt«, sagt Samari-Moukaila. Erst Anfang des Jahres ging die fast 40-jährige Militärdiktatur des Präsidenten Eyadéma zu Ende. Dass seitdem alles besser ist in Togo, kann man nicht behaupten.
»Wer krank ist, muss Geld haben, um wieder gesund zu werden«, sagt Awal Samari-Moukaila. Sonst sehe es schlecht aus mit dem Gesundwerden. Trotzdem liebt er sein Land. »Die Menschen in Togo leben unbeschwerter, haben mehr Spaß. In Deutschland lebt man immer unter Druck.« Und manchmal sogar in Angst. Rassismus habe er am eigenen Leib erfahren. »Für einen Menschen mit anderer Hautfarbe ist es woanders immer schwer«, sagt er. Verstehen kann er das nicht. »Die Deutschen erwarten von den Schwarzen, dass wir Musik machen. Aber in ihre Diskos lassen sie uns nicht.«
Anfangs lebte Samari-Moukaila in Bayern. Nachdem er in Detmold seine Frau Birgit kennen gelernt hatte, zog er nach Bielefeld. »Die Leute sind netter geworden«, sagt er und glaubt, dass es mit der Akzeptanz dunkelhäutiger Menschen in Deutschland »Stück für Stück besser wird«.
Über den Jahreswechsel verbrachte Samari-Moukaila zuletzt Zeit in seiner Heimat, hat dort viele seiner zwölf Geschwister wieder gesehen. Sein Bruder Jahouza und seine Schwester Rafia Fou leben ebenfalls in Bielefeld. Rafia Fou studiert, die beiden Brüder sind bei der Bielefelder Firma »Büscher Sonnenschutz« angestellt. Die Freizeit des Hobbykickers wird von Fußball bestimmt. Sogar an einer Internet-Abstimmung, bei der für oder gegen den jetzigen deutschen Nationaltrainer Togos, Otto Pfister, votiert werden konnte, hat er sich beteiligt. »Ich habe gegen Pfister gestimmt.« Samari-Moukalia hatte eine hohe Meinung von Stephen Keshi, Pfisters Vorgänger.
Doch ob Keshi oder Pfister, ausschlaggebend werde bei der WM die Qualität der Mannschaft sein. Samari-Moukaila weiß: »Außer Adebayor ist keiner gesetzt.« Der Stürmer von Arsenal London ist ein Volksheld in Togo. Auf Awal Samari-Moukailas Fernseher schießt Adebayor gerade einen seiner elf Qualifikationstreffer, dazu tanzen »Toofan« und singen »Allez les Eperviers«. An Adebayors Füßen heften die Hoffnungen einer ganzen Nation. Auch die von Awal Samari-Moukaila.

Artikel vom 12.05.2006