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Gebäude-Sanierung
steht im Vordergrund

Studieninstitut will alte Linden nun doch beseitigen

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Fotos)
Bielefeld (WB). Das Studieninstitut für kommunale Verwaltung Westfalen-Lippe in Bielefeld hält an der Absicht fest, die zwei, zum Teil mehr als 100 Jahre alten Linden an der Rohrteich-/Ecke Bielsteinstraße zu fällen. Für den dritten und jüngsten Baum ist unter anderem der Pflegeaufwand entscheidend für sein Überleben.

»Die Linden haben zur Verschönerung des Stadtbildes beigetragen, erfüllten eine wichtige ökologische Funktion wie jeder Baum auf so dicht bebautem und besiedeltem Gebiet und sind natürlich vor allem den älteren Anwohnerinnen und Anwohnern ans Herz gewachsen«, teilte Institutsleiter Dr. Dieter Büter Letzteren jetzt in einem Brief mit. Gleichwohl habe er sich nun dafür entschieden, die Linden abtragen zu lassen.
Begründet wird die Maßnahme nicht mehr nur mit der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Kunden, Passanten und Kindern sowie damit, dass eine noch intensivere Wartung und Pflege angesichts der Höhe der Bäume wirtschaftlich nicht zu vertreten sei. Dr. Büter wörtlich: »Hinzu kommt, dass im Rahmen umfangreicher Sanierungsmaßnahmen an dem denkmalgeschützten Gebäude im kommenden Jahr die Fundamente freigelegt und dabei sicherlich auch die Wurzeln der Bäume gekappt werden müssen.« Die Idee, die Linden bis auf den Stamm zu stutzen und dann wieder ausschlagen zu lassen, hält der Institutsleiter nicht für gut: »Es bleiben Torsi, von denen wir nicht wissen, wie sie das Kappen von Wurzelwerk überstehen, wie sie sich entwickeln und welchen Pflegeaufwand sie in Zukunft erzeugen werden«.
Deshalb habe er sich mit Bezirksvorsteher Hans-Jürgen Franz darauf geeinigt, die Linden nicht »ersatzlos« abzutragen, sondern neue Bäume (keine »Zwerge«) anzupflanzen, »die von Anfang an wieder gestaltende Elemente im Straßenbild darstellen«. Dr. Büter: »Es dürfen natürlich auch wieder Linden sein. Diese Bäume werden dann von Beginn an so gepflegt und erzogen werden, dass sie auch langfristig keine Gefahr mehr darstellen können.« Um den »guten Willen als Nachbarn im Bezirk« zu zeigen, werde man den kleineren Baum am Eingangsbereich des Parkplatzes stehen und »klären lassen, welcher Pflegeaufwand auf uns zukommt und ob der Baum die umfangreichen Baumaßnahmen überstehen kann«, heißt es im Brief abschließend.
Hans-Jürgen Franz bestätigte gegenüber dem WESTFALEN-BLATT, mit dem Leiter des Studieninstituts überein gekommen zu sein, die alten Linden zu fällen und dafür neue Bäume zu pflanzen. »Es erscheint mir nicht sinnvoll, angegriffene Bäume um jeden Preis zu erhalten«, so der SPD-Politiker. Schließlich sei eine Fundament-Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Institutsgebäudes nötig und etwaiger Leerstand nicht zu verantworten, die Position Dr. Büters mithin »nachvollziehbar«.
Für Dr. Petra-Hildegard Wilberg, Anliegerin der Rohrteichstraße, ist dies nur der Versuch, »alle zu Komplizen zu machen« bei dem Vorhaben, lediglich noch mehr Parkplätze anzulegen. Das Sanierungs-Argument hält sie für vorgeschoben.
Wegen des Linden-Streits haben die Grünen in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses beantragt, stadtbildprägende Bäume künftig unter besonderen Schutz zu stellen. Die anderen Fraktionen lehnten den Vorschlag jedoch ab. Die CDU befürchtete, damit solle die Baumschutzsatzung »durch die Hintertür« wieder eingeführt werden.

Artikel vom 11.05.2006