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Schumi-Sieg ohne Boxenstopp

Giro d'Italia: Komplettes Gerolsteiner-Team feiert den Traum in Rosa

Hotton (dpa). Der Traum in Rosa geht weiter - Stefan Schumacher hat die Spitze im Gesamtklassement des 89. Giro d'Italia verteidigt.

Er wird das Rosa Trikot morgen auch in Italien tragen. Im Ziel der 4. Etappe in Belgien reichte dem 24-jährigen Radprofi des Gerolsteiner Teams gestern nach 193 Kilometern ein Platz im Hauptfeld. Den Tagessieg sicherte sich der Australier Robbie McEwen im Massensprint vor Olympiasieger Paolo Bettini (Italien). Olaf Pollack aus Kolkwitz wurde Fünfter. Heute ist beim Giro Ruhetag.
Der Name Schumacher steht seit Montag nicht mehr nur für deutsche Wertarbeit in der Formel 1. Stefan Schumacher führt nach seinem eindrucksvollen Etappensieg von Namur den Giro d'Italia im Rosa Trikot an und verzückt auch die Italiener. »Rad-Schumi triumphiert auch ohne Boxenstopp«, schrieb die »Gazzetta dello Sport« gestern. Das Verlagshaus organisiert das zweitwichtigste Etappenrennen der Welt, in dem vielleicht die Zukunft des deutschen Radsports begann. Der gelobte 24-Jährige blieb auch im Siegestaumel Realist: »Jan Ullrich ist der beste deutsche Radprofi«.
Nachdem er dem einheimischen Liebling Paolo Savoldelli am Montag das begehrte Kleidungsstück abgenommen hatte, rüstete Schumacher bei seiner Giro-Premiere zur Feier. Trotz besonderer Sponsoren-Verpflichtung griff der Mann in Rosa (»Ich werde hier oft gefragt, ob ich mit Michael Schumacher verwandt bin«) am Abend ausnahmsweise nicht zu Mineralwasser. Die Prosecco-Flaschen, die er zur Siegerehrung erhielt, wollte der Profi vom Team Gerolsteiner »nicht verkommen« lassen.
Schumacher hatte den Coup abgeklärt vorbereitet: Platz vier im Prolog von Seraing und die Zeitgutschriften von Namur brachten ihm das Rosa Trikot. »Das war das Rennen meines Lebens, ein Traum. Als ich 500 Meter vor dem Ziel alleine vorne war, wusste ich, dass es klappt und Rubiera nicht mehr heran kommt«, sagte Schumacher nach seinem Parforceritt hoch zur Zitadelle von Namur.
Im Vorjahr schien Schumacher vor dem unrühmlichen Aus seiner Karriere zu stehen. Der Glatzköpfige aus Nürtingen, der 2003 bei T-Mobile wegen fehlender Perspektiven aussortiert wurde, war in einen ominösen »Dopingfall« verwickelt. Seine Mutter, eine Ärztin, hatte ihrem Sohn ein Asthmamittel verschrieben, das auf der Dopingliste stand. Der Bund Deutscher Radfahrer verzichtete nach nervenaufreibendem Hin und Her aber auf eine Bestrafung. Damit war der Weg nach den Stationen Shimano und Lamonta (Wiedenbrück) frei für das ProTour-Team Gerolsteiner. »Ein Traum ist wahr geworden«, sagte Schumacher im Vorjahr nach seiner Vertragsunterschrift. Und er darf jetzt noch weiter träumen.

Artikel vom 10.05.2006