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Alter Rasen
verhindert
Firmenausbau

Verwaltungsmühlen lähmen »Biogas«

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). »Deutsche Bürokratie ist schlimm, Bauen in Bielefeld ist besonders schlimm«, sagt der Unternehmer Gerrit Holz. Der Chef der stark expansiven Erfolgsfirma Biogas-Nord wartet händeringend auf die Fertigstellung seiner Betriebserweiterung in Heepen. Vermieter Gerhard Schütte klagt derweil vor dem Verwaltungsgericht gegen Stadt und Bebauungsplan. Weil 40 Prozent des Grundstücks Grünfläche bleiben sollen, sind Verkehrsflächen, Parkplätze und weitere Expansion erheblich eingeschränkt.

»Den letzten beißen die Hunde«, sagt Architekt Andreas Rimkeit, der für Schütte und seinen Mieter Biogas-Nord das Projekt am Werningshof in Heepen betreut. Die stark expandierende Firma, erst 2000 gegründet und inzwischen weltweit in der Biogasbranche eine der erfolgreichsten Unternehmungen, soll hier auf dem Gelände der ehemaligen Maschinenfabrik Gessel neue Büros und Produktionsräume bekommen. Problem: Für das gesamte Gebiet unweit der Eckendorfer Straße ist erstmals ein Bebauungsplan vorgesehen. Während die anderen Grundstücke zumeist komplett bebaut sind, hat das Umweltamt Baumbestand und Altrasenfläche bei Biogas-Nord als erhaltenswert eingestuft. Damit, so Rimkeit, sind dem Unternehmen spätestens dann die Hände gebunden, wenn 2007 wieder erweitert werden muss: Ohne Flächen keine Parkplätze, ohne Parkplätze eingeschränkte Mitarbeiterzahl.
Gerrit Holz findet das gesamte Verfahren »völlig unsinnig«. Holz, überzeugter Kämpfer für Biogas, sieht sich als naturbewusst, hat aber kein Verständnis für solche Einschränkungen, die sein Unternehmen in der wirtschaftlichen Existenz gefährden. Mehr noch: Das unkoordinierte Zusammenspiel einzelner Planungsinstanzen in Bielefeld lässt Holz mit dem Kopf schütteln: »Wir fühlen uns allein gelassen.« Niemand bietet Hilfe an, obwohl die Expansion dank Investor Gerhard Schütte und randvoller Auftragsbücher das Happy End einer traumhaften Firmenbiographie bedeuten könnte.
Holz, Sohn eines Landwirtes, hatte als Konstrukteur der familieneigenen Erstanlage Fachwissen gesammelt und 2000 in eine Firmengründung gesteckt. »Wir wachsen jährlich um einhundert Prozent«, beschreibt er den Erfolg. Monatlich stellt der Unternehmer fünf neue Mitarbeiter ein. Seit Januar haben 25 Facharbeiter und Ingenieur bei Biogas-Nord angefangen.
Was vor fünf Jahren als keines Team in einer Etagenwohnung begann, wächst seit dem Umzug zum Werningshof geradezu explosionsartig. Aus 18 Mitarbeitern sind 75 geworden. Jedes Projekt, jeder Auftrag braucht neue Leute. Biogas konzipiert anlagen, plant, begleitet, baut und wartet sie langfristig. Immer häufiger sogar in Fernost oder in den USA.
Dass Gerhard Schütte, der auch die bisherigen Firmenräume an Biogas vermietet, angesichts des enormen Platzbedarfs zwei Millionen Euro in Gelände und die Erweiterung vorhandener Gebäude investiert, empfindet Holz nach wie vor als Glücksfall. Neben vielen Kleinigkeiten bei der Umnutzung des Altstandortes hängt das Projekt nicht zuletzt am aufzustellenden Bebauungsplan. Für eine dynamische Firma, in der fünf Mitarbeiter im beengten Chefbüro sitzen und auf eigene Räume warten, eine Katastrophe.
Architekt Andreas Rimkeit: »So lange wir nur mit dem Bauamt zu tun haben, läuft alles ausgezeichnet.« Aber die Vielzahl der städtischen Behörden vom Umweltamt über Planungsdienststelle bis zum Arbeitsschutz sorgt bei Bauherr und Mieter für Unverständnis. Warum ausgerechnet am Werningshof abgenutzter Rasen und einfache Birken für angeblich erhaltenswerte Grünflächen Arbeitsplätze und eine ganze Firma gefährden, vermag Holz und Schütte niemand zu erklären.

Artikel vom 10.05.2006