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Schalke wehrt
sich gegen die
Spekulationen

Finanzlage soll dramatisch sein

Gelsenkirchen (dpa). Hinter den Kulissen des FC Schalke 04 tobt nach Spekulationen um die dramatische Finanzlage des Klubs der Kampf der Verantwortlichen um Reputation und Glaubwürdigkeit.
»Das ist Rufmord. Wir werden zurückschlagen, denn es geht nicht mehr nur gegen Schalke, sondern auch um meine persönliche Ehre«, schimpfte Finanzvorstand Josef Schnusenberg (Rheda-Wiedenbrück). Auch Manager Rudi Assauer drohte: »Wir werden Regress-Ansprüche stellen. Dann knallt es ohne Ende.«
Auslöser der heftigen Reaktionen und diverser Krisensitzungen in der Chefetage war eine Vorabmeldung des Magazins »Focus«, Schalke stehe »seit Monaten am Rand der Zahlungsunfähigkeit«, halte sich »mit Privat-Krediten über Wasser und könne »Spielergehälter und Rechnungen nur durch Privatdarlehen von Vor-ständen und Aufsichtsratsmitgliedern« bezahlen.
Der Club erhalte auch keine Kredite von den Hausbanken mehr. Schnusenberg habe zudem versucht, beim Sponsor Veltins einen Vorschuss von 20 Millionen Euro für die Namensrechte an der Arena zu erhalten. Der in Erklärungsnot geratene Vorstand wies diese Behauptungen und alle genannten Zahlen zurück. Schnusenberg wehrte sich gegen den Eindruck, Schalke stehe vor dem Kollaps. »Wir sind nicht pleite, es droht keine Insolvenz. Wir zahlen unsere Rechnungen und Gehälter pünktlich«, sagte der 65-Jährige, räumte aber eine äußerst knappe Kalkulation ein: »Ohne die Kredite hätten wir vielleicht nicht immer so pünktlich bezahlt. Wir leben noch von der Hand in den Mund.« Er habe immer gesagt, der Club müsse sparen, wenn Einnahmen etwa aus dem internationalen Wettbewerb ausblieben. »Aber unsere Finanzplanung ist langfristig. Ich mache mir keine Sorgen um unsere finanzielle Situation.«
Nach zwei »katastrophalen Jahren« (Schnusenberg) mit hohen Verlusten wies der Verein in der Bilanz 2005 einen Rekordumsatz von 132 Millionen Euro und einen Gewinn von 1,4 Millionen Euro aus. »Wenn wir in den nächsten Jahren einen Umsatz von etwa 110 Millionen Euro erzielen, ist unser Haushalt ausgeglichen«, versicherte Schnusenberg.
Trotz aller Beteuerungen scheint das Schalker Finanzgebaren ein gefährlicher Drahtseilakt zu sein, der von Wirtschaftsexperten seit langem kritisch beäugt wird. Und es ist bedenklich, dass der Verein in seiner Not auf private Geldgeber zurückgreift. Schnusenberg bestätigte diesen Teil der »Focus«-Meldung, auch wenn er etwas andere Beträge nannte. Fakt ist, dass Schalke im Vorjahr ein Privat-Darlehen vom Aufsichtsratschef und Rheda-Wiedenbrücker Fleischfabrikanten Clemens Tönnies über 4,7 Millionen Euro erhielt. Im März stellte Aufsichtsrat Karl-Heinz Beul drei Millionen Euro zur Verfügung. Sogar Assauer half mit 500 000 Euro aus. Sicherheiten muss der Club nicht bieten. Richtig ist auch, dass Veltins einen Teil der Ablösesumme für Marcelo Bordon vorfinanzierte. Dies wurde mit dem Arena-Vertrag verrechnet.
Schnusenberg findet in all dem nichts Verwerfliches. »Das sind normale Vorgänge. Alle bekommen ihr Geld pünktlich zurück. Und es ist einfacher als mit den Banken lange zu verhandeln.« Mit den privaten Darlehen würden »Liquiditäts-Engpässe kurzfristig überbrückt« oder Transfers finanziert, bis kalkulierte Einnahmen etwa durch den Dauerkartenverkauf auf dem Konto seien. Laut Geschäftsführer Peter Peters wartet man auch noch auf einen Restbetrag aus der Teilnahme an der Champions League und am UEFA-Cup. Dort hat Schalke 30 Millionen Euro eingenommen.
Erbost war der Finanzchef über die »Focus«-Darstellung, die Ermittlungen wegen Bilanzfälschung und Insolvenzverschleppung richteten sich nur gegen ihn und er verschweige Vorstand und Aufsichtsrat die »wirklichen Zahlen«. Schnusenberg vermutet eine Kampagne. »Das lasse ich mir nicht bieten.« Auch Tönnies echauffierte sich: »Wer behauptet, Schalke ist pleite, kennt die Zahlen nicht. Und wer es nachhaltig behauptet, will uns etwas Böses.«

Artikel vom 15.05.2006