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HSV Dritter - das ist bitter

Bremen feiert den direkten Einzug in die Königsklasse

Hamburg (dpa). Was als ein rauschendes Fest in der AOL-Arena geplant war, geriet zur Trauerfeier für die fassungslosen Spieler des Hamburger SV. Orientierungslos irrten sie nach dem Schlusspfiff über das Spielfeld oder kauerten wie ein Häufchen Elend auf dem Rasen.

Der ersehnte zweite Platz und damit die beste Platzierung seit 19 Jahren war den Hamburgern mit dem 1:2 gegen Werder Bremen aus den Händen geglitten. »Das ist ganz schlecht«, stöhnte HSV-Aufsichtsratschef Udo Bandow und meinte damit den direkt verpassten Champions-League-Einzug. »Wir hätten mindestens zehn bis zwölf Millionen Euro sicher einplanen können. Jetzt müssen wir warten und können nicht das machen, was wir wollten.«
Völlig aus dem Häuschen tobten dagegen die Bremer durch das Stadion. Sportchef Klaus Allofs genoss die Bierdusche: »Es tut gut, die Nummer eins im Norden zu sein«, jauchzte er und freute sich auf neue Abenteuer im dritten Champions-League-Jahr in Serie. Dass die Spieler an diesem Unterfangen offenbar nie Zweifel hatten, demonstrierten sie in T-Shirts mit der Aufschrift: »Drei Mal ist Bremer Recht - 100 Prozent Champions League.« Trainer Thomas Schaaf stellte fest: »Ich bin stolz auf die Truppe, sie hat ihre Endspielchance glänzend genutzt.«
Nur 50 Prozent Königsklasse hält dagegen der HSV in der Hand. Der Anteil könnte beträchtlich schrumpfen, denn in der nun erforderlichen Qualifikation am 9./10. sowie 23./24. August warten Großkaliber wie Arsenal London, Inter Mailand, FC Liverpool, FC Valencia oder Ajax Amsterdam auf die nicht gesetzten Hamburger. Das Schreckensszenario: Am Ende könnte es wieder (nur) UEFA-Cup sein. »Unsere Planungen werden um drei Monate verschoben«, ordnete HSV-Chef Bernd Hoffmann zerknirscht an.
HSV-Sportchef Dietmar Beiersdorfer treibt dabei die Sorge um, dass der Markt an hochklassigen Spielern abgegrast sein könnte, wenn Ende August doch noch der Eintritt in die Königsklasse geschafft werden sollte. »Wenn Champions League - dann müssen wir mehr investieren«, verriet Beiersdorfer. Die gewünschte Planungssicherheit ist dahin. Zudem stehen Personalfragen an: Geht Daniel van Buyten zu den Bayern, gibt es eine Einigung mit Sergej Barbarez und Bastian Reinhardt, muss Ailton zurück in die Türkei?
Ein Bremer Angreifer, der schon lange auf der HSV-Wunschliste steht, er will jetzt an der Weser auf jeden Fall seinen Vertrag erfüllen. Ivan Klasnic legte sich fest: »Ich bleibe bis 2007 - mindestens.«
Thomas Doll wollte nach dem Liga-Abpfiff nicht sofort in die Zukunft blicken. »Die Quali interessiert mich jetzt nicht. Wir haben eine Riesensaison gespielt, sind aber nicht belohnt worden«, sagte der Trainer, der den HSV in nur 18 Monaten aus dem Keller in die Spitzengruppe führte.

Artikel vom 15.05.2006