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Der Ball ist hart, das
Spiel dauert 6 Minuten

Turnier der Tischkicker zugunsten Gehörbehinderter

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). 360-Grad-Drehungen sind verboten, aber der Jet ist ohnehin viel wirkungsvoller. Und die Fünfer-Kette deckt lang. Alles klar? Es geht um Tischkicker. 26 Zweier-Teams haben gestern den »Dr. Oetker ÝIntermezzo-quickÜ Campus-Kicker-Cup« ausgespielt.

Mit 7:6 gewannen Lutz Philips und Lars Tietze das Finale in der zentralen Halle der Universität und fahren zur Endausscheidung nach Berlin. »Dort wird am 8. Juni ermittelt, wer in Deutschland am erfolgreichsten an den Stangen dreht«, sagt Turnierchef Dirk König von der Bochumer »Unicum Marketing«, die den »Campus-Cup« in 23 Hochschulstädten veranstaltet. Das Startgeld (fünf Euro) kommt hörbehinderten Studenten zugute.
Tischkicker spielen ein nostalgisches, weil angriffsorientiertes 2-3-5-System: zwei Verteidiger, drei Mittelfeldregisseure und fünf Stürmer; einen Torwart gibt's auch, aber er wird nicht mitgezählt. »Wenn wir die Vorrunde überstehen, wäre das ein Wunder«, sagen Susanne Dohe (22) und Ines Vieira (24), die das einzige Damen-Team bilden. In ihrer ersten Partie schossen die beiden Chemiestudentinnen jedenfalls ein Tor.
Der Gegner allerdings neun mehr. Die Partie ist zu Ende, wenn ein Team die harte, glatte »Pille« zehnmal am Torwart vorbeigedroschen hat oder sobald sechs Minuten um sind.
So etwas wie Standfußball gibt's durchaus in dieser Sportart, die in Kneipe und Jugendzentrum zuverlässig die Langeweile vertreibt. Jura-Student Dennis Hinz (18): »Ich komm vom Lande, aus der Gegend von Erkelenz, da gibt's ja nichts anderes als Tischkicker . . .« Mitspieler Roland Seibt (24; Biochemie) grinst und studiert schon mal Technik und Taktik der Gruppengegner.
Philips und Tietze, beides angehende Wirtschaftsingenieure, sind eigens aus Viersen zum Bielefelder Turnier angereist, haben den ersten Gegner 10:1 abgeledert - und nun fällt im zweiten Match minutenlang kein Tor. Holger Hartmann und Heinz Bounek (die späteren Drittplazierten) erweisen sich als unbequeme Gegner, schieben den Ball von links nach rechts und wieder zurück, Schuss und daneben. Doch irgendwann finden sie die Lücke - 2:0 lautet das knappe Resultat beim Abpfiff.
»Die haben unser erstes Spiel beobachtet und sich auf unsere Kniffe eingestellt«, sagt Tietze. Der »Jet«, die urplötzliche Bewegung der auf dem Handgelenk (nicht etwa in der Handfläche!) ruhenden Stange, blieb diesmal wirkungslos. Schiri Carsten Hansch staunt trotzdem, was versierte Tischkicker alles können.
»Wir haben leider die schwerste Gruppe erwischt«, stöhnen der Jurastudent Albrecht Seidel (24) und sein Kompagnon, der selbständige 3-D-Animateur Michael Peter (26); nur ein Teammitglied muss eingeschriebener Student sein. Auch der Oetker-Konzern als Sponsor schickt eine eigene Mannschaft ins Turnier: Nicola Jobs (24), Ökotrophologin im Praxissemester, und Oetker-Praktikant Matthias Bianchi (23) kündigten vor Turnierbeginn allerdings an, sie wollten fairerweise »im Finale nur 99 Prozent geben«.
Nun, das Endspiel bestritten dann doch andere, aber das Haus Oetker feierte trotzdem einen Riesenerfolg: Die Schlange der Studenten, die um den Snack »Intermezzo-quick« anstanden, reichte durch die halbe Unihalle.

Artikel vom 09.05.2006