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Großneffe stiehlt Geld der Tante

Echte Scheine gegen Blüten getauscht - Zwei Jahre Bewährungsstrafe

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Für ihre Beerdigung hatte Sophie L. (72) eisern gespart. Doch ein diebischer Großneffe stahl das Begräbnisgeld und ersetzte die ordentlich gebündelten Scheine durch »Blüten«.

Weil ihre eigene Tochter sie nicht pflegen wollte hatten Marc L. (30) und seine Eltern die Tante aus Stendal Mitte 2004 in ihr neues Haus aufgenommen. Ihr lebenslanges Wohnrecht erkaufte sich die geh- und sehbehinderte Rentnerin mit einer Schenkung von 47 000 Euro. Das Geld floss in die Tilgung und ist weg.
Als der mit 150 000 Euro verschuldete Großneffe seinen Job verlor und die Raten nicht mehr zahlen konnte, ersann er den Austauschtrick. Die falschen Euro-Noten fertigte er am Computer. Immer wenn ein neuer Mahnbescheid kam oder der Gerichtsvollzieher auftauchte, griff der wegen Diebstahls Vorbestrafte in Tante Sophies Geldkassette. Insgesamt 3100 echte Euro tauschte er gegen falsche 50er und 100er aus.
»Ich war in akuter Not und hätte das Geld später zurück gelegt«, rechtfertigte Marc L. sich gestern vor dem Paderborner Amtsgericht.
Doch wider Erwarten ging die alte Dame mit ihren Ersparnissen vorzeitig zu einem Bestattungsinstitut und schloss einen Vorsorgevertrag ab. Beim Bezahlen des Sarges flog der Schwindel auf.
»Die Tante ist natürlich maßlos enttäuscht«, berichtet ihr Betreuer. Bei ihrem unehrlichen Großneffen mag sie nicht länger wohnen - jetzt ist sie doch im Altenheim und fordert ihre insgesamt 50 000 Euro zurück.
Wegen Geldfälschung und Diebstahls verurteilte das Gericht Marc L. zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und Schadenswiedergutmachung. »Der Angeklagte hat das Vertrauen der Tante schändlich missbraucht«, sagte Richter Günter Köhne in seiner Urteilsbegründung. Sein Haus wird Marc L. wohl verkaufen müssen.

Artikel vom 09.05.2006