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Konvent ist eine bedeutsame »Kontaktbörse«

IOC-Vizepräsident Dr. Thomas Bach spricht über Geld im Sport und Wirtschaftschancen


Lübbecke (wm). Seine Bedeutung und seinen Wert als Kontaktbörse mit der Gelegenheit zu vielen interessanten Gesprächen, die den »Blick über den Tellerrand« hinaus ermöglichen, hat der Konvent erneut bewiesen. Dieses Stelldichein hat im Mühlenkreis Tradition - eine Premiere gab es beim Konvent 2006 in der der Stadthalle Lübbecke dennoch: Neben dem Kreis Minden-Lübbecke war auch der Rotary Club Lübbecke/Westfalen Ausrichter dieses bedeutsamen Treffens von Vertretern aus Wirtschaft, Gesellschaft, Verwaltung und Politik. Besondere persönliche Kontakte hatten es möglich gemacht, mit dem IOC-Vizepräsidenten Dr. Thomas Bach einen höchst sachkundigen Festredner für die Themen Sport und Wirtschaft zu verpflichten.
Landrat Wilhelm Krömer stellte in seiner Begrüßung den Mühlenkreis sowie ehrgeizige Projekte vor. Georg Droste, derzeitiger Präsident des Rotary-Clubs Lübbecke Westfalen, skizzierte Größe und Wirken des Clubs, dessen Wahlspruch »Selbstloses Dienen« sei. Das Motto seines Präsidentenjahres lautet »Unsere schöne Region - fit für die Zukunft«. Man habe sich vielfach mit unserer Region auseinander gesetzt und komme zu dem Ergebnis, dass sie gute Voraussetzungen und hervorragendes Engagement habe, aber auch ihre Probleme. Stärken müssten mehr als bisher gebündelt werden. Und dafür solle der Konvent 2006 den Grundstein legen. Und Bürgermeisterin Susanne Lindemann wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass in Lübbecke die Steigerung der unternehmerischen Exportquote ausbaufähig sei; 22 Prozent Auslandsumsatz am Gesamtumsatz seien relativ niedrig.
Dr. Thomas Bach, selbst früher hervorragender Florettfechter, ging zunächst auf das Thema »Olympia und Wirtschaft« ein. Die noch vor Jahrzehnten übliche Trennung bezeichnete er als fatal und heuchlerisch. Denn Geld habe immer eine Rolle gespielt - nur habe man damals die Athleten mit »einem Butterbrot« belohnt. Heute verwalte das Internationale Olympische Komitee (IOC) in vier Jahren ein Budget von 4,5 Milliarden Dollar, das zu rund 50 Prozent aus Fernseh-Übertragungsrechten stamme. 1,1 Mrd. erhalte z.B. jedes Land, das die Spiele ausrichte. Und 250 Mio. Dollar gebe man aus, um den Sport in der dritten Welt zu fördern, wodurch deren Erfolge kein Zufall seien. Mit 200 Mio. Dollar unterstütze man internationale Sportverbände, ohne deren Engagement in etwa 80 Prozent der Sportarten kein internationales Niveau erreichbar wäre.
Als Vorsitzender des Präsidiums der Arabisch-Deutschen Vereinigung für Handel und Industrie (Ghorfa) ging Bach anschließend auf die arabisch-deutschen Handelsbeziehungen ein. Der arabische Raum mit rund 300 Mio. Menschen auf 4,2 Mio. Quadratkilometern sei wirtschaftlich höchst interessant. Schließlich werde dort ein Fünftel des Erdöls gefördert, und dort schlummerten 50 Prozent der bekannten Reserven. Die dortigen Investitionen in Infrastruktur schaffe Nachfrage - auch in Deutschland. Deutschland habe diesen Raum zu lange vernachlässigt, insbesondere fehle die Präsenz des Mittelstandes als Herzstück der deutschen Wirtschaft. Dazu nannte er zwei Zahlen: »In Saudi-Arabien arbeiten rund 15000 Briten, aber nur 1000 Deutsche.« Die Ghorfa berate und stelle Kontakte her, wobei es darauf ankomme, nicht nur zu exportieren, sondern strategische Partnerschaften zu entwickeln. Allerdings: Wer in Arabien erfolgreich sein wolle, müsse nachhaltig Vertrauen schaffen. Bach: »Deutsche sind dort willkommen - nicht nur mit Produkten, sondern auch als Menschen.«
In der von Steffen Ellerhoff anschließend moderierten Gesprächsrunde mit Bach, Ghorfa-Generalsekretär Abdulaziz Al-Mikhlafi, Krömer, Prof. Dr. Georg Heerten, geschäftsführender Gesellschafter der Naue GmbH&Co. KG Espelkamp und Ralph Köster, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bartec GmbH, in Lübbecke noch gut bekannt als ehemaliger IMA-Chef, ging es um die Chancen der heimischen Wirtschaft im arabischen Raum. Krömer meinte, dass sie durchaus noch ausbaufähig seien. Und Abdulaziz Al-Mikhlafi sagte, dass Produkte als vielen Branchen gefragt seien - von der Stadtplanung bis zu Entsalzungsanlagen: »Arabien hat das Geld, Deutschland das Wissen.« Naue sei bislang nur projektorientiert in Arabien engagiert, erklärte Heerten, der gleich die Gelegenheit nutzte, Mitglied der ihm bis dahin nicht bekannten Ghorfa zu werden. Köster schließlich wies darauf hin, dass der Aufbau von Beziehungen in arabischen Ländern nicht leicht sei: »Man muss Vertrauen aufbauen und sich vor Ort Partner suchen.«

Artikel vom 08.05.2006